Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: "Du wirst Oma!" Vom ersten Enkel und dem puren Glück

Würzburg

"Du wirst Oma!" Vom ersten Enkel und dem puren Glück

    • |
    • |
    Oma sein ist spitze! Oma Ursula betrachtet mit Enkel Jonas ein Bilderbuch.
    Oma sein ist spitze! Oma Ursula betrachtet mit Enkel Jonas ein Bilderbuch. Foto: Düring

    Endlich! Wie ein Blitz schießt mir dieses Wörtchen durch den Kopf. Und ebenso schnell fährt mir der Schreck durch alle Glieder. Wieso endlich? Die wirren Gedanken klären sich nur langsam, bis ich endlich kapiere: "Du wirst Oma!" Der Satz hämmert sich in mein Hirn und ich weiß nicht, worüber ich mehr erschrocken bin: Über den Gedanken, nun "Oma = alt" zu sein oder über dieses "Endlich", das mich eiskalt erwischt hat. Habe ich mir etwa ganz unbewusst in den sechs Jahren, die mein Sohn und seine Frau zusammen sind, ein Enkelkind gewünscht? Nie habe ich sie gedrängt, eine Familie zu gründen. Nie habe ich sie gefragt, ob sie überhaupt Kinder wollen. Nun ist es passiert. Grinsend stehen sie da, Sohn und Schwiegertochter. Er mit einer Flasche Sekt - wie immer, wenn ich aus Würzburg angereist bin - und drei Gläsern in der Hand. Zwei füllt er mit Schampus, in das dritte gießt er Mineralwasser.

    Bub? Mädchen? Was werde ich stricken?

    "Du wirst Oma", dröhnt es in meinen Ohren, und "Zwillinge". Erschrocken und vollständig ermattet sinke ich auf einen Stuhl. "Im Sternzeichen Zwillinge ist es so weit". Amüsiert strahlen mich vier Augen an. Die zukünftigen Eltern kommen gar nicht mehr aus dem Grinsen heraus. Verwirrt, mit einem Hauch von Freude, der mich langsam von Kopf bis Fuß durchströmt, stoße ich mit den beiden an. An diesem Abend gehe ich mit wunderschönen Gedanken ins Bett. Mein erstes Enkelkind. Bub? Mädchen? Wie wird es heißen? Was werde ich stricken? Söckchen? Jäckchen? Mützchen?

    "Du wirst Oma!": Tausend Gedanken und Bilder schossen unserer Autorin bei dieser Nachricht durch den Kopf. Bub? Mädchen? Wie wird es aussehen . . .
    "Du wirst Oma!": Tausend Gedanken und Bilder schossen unserer Autorin bei dieser Nachricht durch den Kopf. Bub? Mädchen? Wie wird es aussehen . . . Foto: Holger Hollemann, dpa

    Inzwischen sind mehr als drei Jahre vergangen: Ich habe gar nichts gestrickt, aber so manches Jäckchen und Mützchen gekauft, liebevoll als Geschenk verpackt und zur Post gebracht. Der kleine Jonas hat laufen gelernt, klettern, plappern. Aus voller Kehle schmettert er "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad", während er, sein Lieblingsschmusetier im Arm, an meiner Hand ganz selbstbewusst in die Kita stapft. Da holt mich die Erinnerung ein. Damals, mein Sohn war gut drei Jahre alt und "stubenrein" - das war seinerzeit Voraussetzung für den Besuch des Kindergartens - habe ich ihn erstmals mit blutendem Herzen dorthin gebracht.

    Die völlige Eroberung des Herzens 

    Loslassen schmeckte bitter und ebenso der Gedanke, dass ein Kind nur Gast ist im Elternhaus und über kurz oder lang seine eigenen Wege gehen wird. Bei Jonas dagegen war es für mich ganz selbstverständlich, dass er mit einem Jahr und der dicken Windel in der Hose die Kita besucht. Jetzt müssen seine Eltern den Trennungsschmerz durchleben, nicht ich. Ich freue mich darauf, wenn ich den Dreikäsehoch am Nachmittag wieder abholen darf. Wenn er mit dem lauten Quietscher "Oma" quer durch den Raum saust, mit ausgestreckten Armen und fröhlichem Lachen. So sieht pures Glück aus - für ihn und für mich. Dann blitzen seine blauen Augen, und er stapft Richtung Garderobe. Meist kommt er mit einem kleinen Schabernack im Gepäck nach Hause, mit einem neuen Wort auf den Lippen oder mit rotgelbgrünen Händen und einem grellfarbenen Gemälde, das er mit seinen kleinen Fingern produziert hat.

    "Nie habe ich sie gefragt, ob sie überhaupt Kinder haben wollen. Nun ist es passiert." 

    Ursula Düring, Oma von Jonas

    Die Zeit von seiner glücklicherweise problemlosen Geburt bis heute ist wie im Flug vergangen. Die Devise der jungen Eltern: "Am Anfang nur wir drei. Wir wollen die ersten zwei Wochen seines Lebens niemanden bei uns sehen", habe ich großzügig überhört. Ungefragt bin ich am Tag nach Jonas’ Geburt in den Zug nach Köln gestiegen und mit dem Taxi ins Krankenhaus gefahren. Schließlich wollte auch ich, die stolze Oma, meinen ersten Enkelsohn in dieser Welt willkommen heißen, bevor ich mich brav und glücklich wieder auf den Weg zum Bahnhof machte. Natürlich war er das schönste Baby der Welt und natürlich hat das winzige Wesen sofort einen großen Teil meines Herzens belegt. Und als das Baby ein paar Wochen später entspannt auf meinem Bauch liegend eingeschlummert ist, hatte es mich vollkommen erobert.

    Mehr Wonne als Sorge 

    Mit Erstaunen wird mir bewusst, was ein so kleiner Mensch alles imitiert und was er daraus innerhalb kürzester Zeit lernt. Bei meinen eigenen Kindern ist das scheinbar im Alltagsgetümmel untergegangen. Oder ich habe es einfach vergessen. Gespannt beobachte ich wie Jonas, während er neben seinen Papa auf die Couch klettert, und voller Aufmerksamkeit entdeckt, dass der mit Hilfe des Handys seine Gitarre stimmt. Flugs rutscht der Kleine von der Couch, läuft ins Kinderzimmer, um sein Spielzeughandy zu holen und ebenfalls neben sich zu legen. Und dann beginnt er auf seiner kleinen Ukulele zu zupfen. Mir pocht das Herz vor Staunen und Begeisterung.

    Oma im Einsatz. Schnuller aufheben, Babyschwimmen, Vorlesen. 
    Oma im Einsatz. Schnuller aufheben, Babyschwimmen, Vorlesen.  Foto: Thalia Engel

    Im Schwimmbad klopft es ebenfalls. Aber nicht vor Sorge, wie bei meinen Kindern, sondern vor Wonne. Beim Babyschwimmen entdeckt der Winzling nämlich die Freude am Tauchen - und ich die Lockerheit, mit der ich den Säugling unter Wasser sehen kann, ohne zu befürchten, dass er gleich absäuft. Wenn er bei den ersten Krabbelversuchen erste Niederlagen lautstark wegbrüllt, bin ich nicht verzweifelt, sondern schaue seinen Bemühungen um die Lösung des Problems zu. Wenn der Dreikäsehoch das Füttern verweigert, weil er meint, alles selbst zu können, wische ich die Gelberübenmatsche einfach weg.

    "Jetzt erzieht ihr mal!"

    Was bei meinen eigenen Söhnen bisweilen ein Drama war, weil damals wie heute Kind samt Tisch und Teller aussahen wie nach einer Schlacht, spielt bei Jonas überhaupt keine Rolle. Schließlich gibt es Wegwischtücher und Waschmaschinen. Und wenn sich die Frage stellt, ob man auf dem Spielplatz Schuhe anziehen muss, und sich daraus auf Biegen und Brechen eine Warum-Diskussion entwickelt, lehne ich mich entspannt zurück und denke: "Jetzt erzieht ihr mal!"

    Erstaunt bin ich über meine schier unerschöpflichen Vorräte an Geduld. Wenn das Kind gefühlt zum tausendsten Mal die Geschichte von Lukas und Jim Knopf hören will oder von Bobo, dem Siebenschläfer, dann lese ich sie halt noch einmal vor. Und amüsiere mich köstlich, wenn der Kleine mich verbessert, weil ich ein Wort anders gewählt oder gar ausgelassen habe. Oder wenn er, auf meinem Schoß sitzend, seine kleinen Füße gegen meine Beine baumeln lässt und mich das gar nicht schmerzt.

    Meinen Enkel aufwachsen zu sehen, ist so vertraut und doch so anders. Es ist das pure Glück.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden