Das Bruno-Werk hatte das ehemalige Presse- und Verlagshaus nach dem Auszug der gesamten Echter-Drucktechnik übernommen und für zehn Millionen Mark in den unteren drei Etagen in ein Geschäftshaus umgebaut. Auf 2000 Quadratmetern Verkaufsfläche waren 20 Geschäfte angesiedelt, die sogar eine eigene Werbegemeinschaft planten. Doch es kam von Anfang an nicht die erwartete Sog-Wirkung. Die Gastronomie-Theke mitten unter der Treppe in das Obergeschoss stand in der Kritik, weil offenbar Biertrinker unter die Röcke der aufsteigenden Damen gucken konnten von denen dann wiederum Straßenstaub in die Biergläser rieselte. Das Café, vom caritativen Erthal-Sozialwerk im Obergeschoss betrieben, hatte einen Urheber-Rechtsstreit auszufechten, weil es sich „Echter Café“ nennen wollte und war unterlegen. Es heißt heute Galerie-Café.
Die Ursprungs-Besetzung mit einem attraktiven Branchen-Mix war schnell über den Haufen geworfen, weil die Publikums-Akzeptanz fehlte. Als einer der ersten gab ein Spielzeug-Laden im Obergeschoss auf, der vielleicht noch kurz vor Weihnachten eine Chance hatte, den Rest des Jahres aber vom Publikum vergessen wurde. Die Trachten-Mode von Felix Kehl folgte, dann andere Fashion-Shops. Am Anfang hatte auch noch die Firma Kupsch Interesse und scheiterte mit einem Gourmet-Angebot, was aber für diese Innenstadt-Lage wichtig gewesen wäre.
Alle hatten ein wenig gehofft, sie würden in den großen Kundenstrom der Fußgängerzone mit einbezogen. Jetzt zieht zum Beispiel Juwelier Bernhard Thein aus. Freiwillig, wie er betont, weil er wie andere Geschäftsleute nicht von dem Passantenstrom, der die Echter-Galerie nur als Abkürzung vom Barbarossaplatz zur Fußgängerzone in der Schönbornstraße profitieren konnte. „Ich habe ein Fachgeschäft“, sagt er, und hat jetzt ein neues Objekt am Alten Kranen.
Absolut verärgert über die neuen Entwicklungen im Echterhaus ist der 60jährige Dieter Wich. Er sagt, er habe die Kündigung einem „Ankermieter zu verdanken“, der offenbar alle Mieten zahlt. Die Mieten seien einfach zu hoch, sagt er, und bedauert, dass die Bahnhofs-Arcaden nicht gekommen sind, die im Mietbereich für Entspannung hätten sorgen können. Wich hat in der Echter-Galerie einen Laden mit Presseprodukten, Lotto und Tabak. Ihm kommt ein Durchlauf-Publikum zugute und er sieht sich nun um seine Existenz betrogen, weil er mit seinem Geschäft keine Chance hat, wenn er sich in irgend einer Gasse einen neuen Laden sucht. Bei ihm kommt noch hinzu, dass das Geschäft mit Zeitungen und Zeitschriften sowie mit Tabak generell rückläufig ist.
Absolute Langweiligkeit
Ein kleiner Gang durch die angeblich hervorragende Geschäftslage der „Echter-Galerie“ spricht Bände. Die breite Treppe im Innenhof führt in der ersten Etage in die absolute Langweiligkeit. Rechts Antiquitäten, links verlassene Räume und zur Schönbornstraße hin ein sehr mäßig besuchtes „Galerie Café“. Wer es ruhig will, ist hier gut aufgehoben. In der unteren Etage gibt es u.a. ein wenig billige Mode von der Stange, Bier von der Theke und dazu Frisches vom Wok und das Angebot von Zeitungs Wich. Ein wenig Bahnhofs-Flair.
Siegfried Issig, Vorstandsvorsitzender des Bruno Werks, ist nicht glücklich über die Situation in der Echter Galerie. Es sei vom Start an nicht optimal gelaufen, räumt er ein, betont aber auch, dass es sehr schwierig sei, in dieser Stadtlage, das Beste zu finden. Wie die Mieter sagt auch er, dass das Echterhaus nicht die Fußgängerzone ist. Gegenüber ist das große Juliusspital, also keine Geschäftsfront. Nach den bisherigen Erfahrungen sei jetzt das Kernproblem, die richtige Branche zu finden, die in diese Galerie passt. Auch im Interesse der Würzburger Geschäftswelt versuche man jetzt eine Lösung zu finden, die hier angenommen wird. Dabei müsse man auch eine permanente Fortentwicklung der Kundeninteressen berücksichtigen. Denn letztendlich entscheide der Markt, wie die schmerzliche Erfahrung der letzten Jahre zeigt.
Jetzt habe man ein langfristiges Ziel. Es sei aber noch nicht in „trockenen Tüchern“. Da wolle man nichts vorher zerreden lassen. Nach Volksblatt-Informationen geht es offenbar auch darum, wie sich der neue Anbieter optisch in der Julius-Promenade präsentieren kann. Das Echterhaus steht unter Ensembleschutz. Deshalb wird sich der Stadtrat damit befassen müssen. Ein entsprechender Antrag des Bruno-Werks ist am Freitag bei der Stadt eingegangen.
Im Erdgeschoss der Echter Galerie wird es deutliche Veränderungen geben. Bleiben wird mit einiger Sicherheit der Informationspunkt der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs GmbH an der Ecke Juliuspromenade/Schönbornstraße, ebenso die Echter-Apotheke. Wie sich das Eiscafé Rialto in ein neues Konzept integrieren lässt, ist ebenso offen wie die Präsentation von „Echter“, als letzte Bastion des Verlags in der Juliuspromenade.