Die Expertin für Mittelhochdeutsch und Altfranzösisch betreut in München die Regensburger Romanistikstudentin Marion Feichtmair, die an dem Ende 2004 gestarteten Elitestudiengang "Textualität der Vormoderne" mit einem Dissertationsprojekt über das Verhältnis von Menschenbild und Literatur im Werk von François Rabelais teilnimmt. Insgesamt elf von rund zwei Dutzend Bewerbern aus ganz Bayern schafften die Aufnahme in das Förderprogramm für hochbegabte Studenten. Betreut werden sie von acht Wissenschaftlern aus München, der Würzburger Forscherin Schmid, einer Erlanger Germanistin, einer Regensburger Romanistin und einem Eichstätter Romanisten.
Mit dem Altgermanisten Stefan Ullrich, der bei seiner Doktorarbeit "Der Wiener Codex Epistolaris des Conrad Celtis" den Briefwechsel des 1459 bei Schweinfurt geborenen Gelehrten Conrad Celtis interpretieren, kommentieren und herausgeben will, ist auch ein Würzburger Student mit von der Partie. Dass Ullrich den Sprung ins Elitenetz schaffte und damit für die kommenden beiden Jahre staatlich alimentiert wird, habe sie besonders gefreut, so Schmid. Ullrich gehöre zu jenen Studenten, die bislang unter sehr schwierigen finanziellen Bedingungen forschen mussten.
Um in das Elitenetzwerk aufgenommen zu werden, mussten sich die Magisterstudenten auf Herz und Nieren prüfen lassen. Je zwei Projektbetreuer führten Interviews, die ans Tageslicht bringen sollen, wie durchdacht ein Dissertationsprojekt ist. Begeistert war Schmid von dem Elitestudenten Jan Mohr, der - "ein ganz kluger Kopf" - keine Fragen zu seinem Forschungsprojekt mit dem Titel "Der wahre Leser muss der Autor seyn", ein Zitat aus einem Barocktext, offen ließ.
Eine seiner Mitbewerberinnen überzeugte zwar durch fachliches Detailwissen, an ihrer Allgemeinbildung haperte es jedoch, außerdem wirkte sie, so Schmid, bisweilen reichlich konfus. Die Interviewer kamen zu dem Schluss, dass sie nicht das Zeug hatte, zu einer exzellenten Gelehrten ausgebildet zu werden. Damit platzte der Traum der Studentin von einem staatlich subventionierten Dasein als Elitestudentin. Sie wurde abgewiesen, obwohl es den Projektinitiatoren nicht gelang, alle Plätze des Elitestudiengangs zu belegen.
Die elf Elitestudenten, die vom Freistaat ein Gehalt bekommen, um in den kommenden drei bis vier Semestern in Ruhe forschen zu können, beschäftigen sich mit den geistigen Eliten der Vormoderne. Der etwas sperrige Projekttitel "Textualität der Vormoderne" eröffnet weiten Forschungsspielraum für Germanis-ten, Romanisten, Anglisten, klassische Philologen und Neulateiner. Für sie werden Fächer übergreifend Ringvorlesungen, Oberseminare, Doktorandenkolloquien, Sommerkurse und Ferienakademien organisiert.
Insgesamt wurden in Bayern im Wintersemester 2004/05 zehn Elitestudiengänge für "besonders leistungsfähige und leistungsbereite Studierende für die Spitzenforschung oder für Führungspositionen in der Berufswelt" aufgelegt. Ein Würzburger Elitestudiengang ist nicht darunter. Die Doktorantenkollegs zeichnen sich laut Staatsregierung dadurch aus, dass sie den Elitestudenten auf der Grundlage neuer Konzepte und mit einer hohen Betreuungsintensität "ein anspruchsvolles, nach internationalem Maßstab exzellentes Lehrangebot" offerieren.