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WÜRZBURG: Ein Blick in die Tiefe der Kirchengeschichte

WÜRZBURG

Ein Blick in die Tiefe der Kirchengeschichte

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    Der Untergrund des Neumünsters: Rüdiger Seyler muss sich ziemlich anstrengen, um die schwere Steinplatte anzuheben.
    Der Untergrund des Neumünsters: Rüdiger Seyler muss sich ziemlich anstrengen, um die schwere Steinplatte anzuheben. Foto: FOTO Eva-Maria Bast

    Rüdiger Seyler, Spezialist für den Würzburger Dom, die Marienkapelle und das Neumünster, kommt ganz schön ins Schwitzen, wenn er versucht, die Platte im Neumünster, die gegenüber dem westlichen Zugang zum Lusamgärtchen liegt, anzuheben. Endlich ist es geschafft – und der Betrachter staunt: Unter dieser unscheinbaren Steinplatte geht es nämlich rund 60 bis 80 Zentimeter in die Tiefe. Es eröffnet sich der Blick auf eine alte Säule und einen tieferliegenden Boden. „Das ist das Fußbodenniveau der romanischen Kirche aus dem elften Jahrhundert“, sagt Seyler. „Im Zuge der Barockisierung ist der Boden angehoben worden.“

    Der Legende nach befand sich dort, wo jetzt das Neumünster steht, der erste Dom, „aber das muss heute mit einem Fragezeichen versehen werden“, sagt der Kirchenkenner. Es sei nicht sicher, ob es sich tatsächlich um den Dom oder nur um einen Gedächtnisbau gehandelt habe. Ein Gedächtnisbau? Warum und für wen?

    „Nach der alten Überlieferung befindet sich dort, wo heute die Kuppel ist, das Grab der Bistumspatrone Kilian, Kolonat und Totnan – oder besser die Stelle, an der sie nach dem Mord, dem sie zum Opfer fielen, verscharrt wurden“, erzählt Rüdiger Seyler. Im 7. Jahrhundert mussten die Frankenapostel den Märtyrertod sterben. „Sie kamen um 686 aus Irland und wollten hier den christlichen Glauben verkünden.“ Die Würzburger seien nicht uninteressiert gewesen und hätten Kilian, Kolonat und Totnan durchaus Gehör geschenkt. Das regierende Herzoghaus jedoch sah das gar nicht gern. „Deshalb mussten sie 689 sterben.“ Und wurden berühmt: In zahlreichen fränkischen Kirchen gibt es Patrozinien für die Apostel. In Würzburg wird regelmäßig die Kilianiwoche begangen und mit dem Kilianivolksfest und der Kilianimesse wird ihnen auch außerhalb der Gotteshäuser gehuldigt.

    Nicht erst in jüngerer Zeit werden die Bistumspatrone verehrt: „Die Stelle, an der sie starben, war jahrhundertelang Ziel von Pilgern“, sagt Seyler. Bischof Adalbero (1010–1090) errichtete hier ein Stift. Bei dem romanischen Kirchenbau habe es sich um eine Doppelchoranlage gehandelt, erklärt Seyler. Der Westchor befand sich über der Grabstelle. Der heute barockisierte Bau stamme – was das Grundgemäuer hinter den Barockverzierungen betreffe – überwiegend aus dem zwölften Jahrhundert, „besonders das Hauptschiff und der Chorbereich“. Der westliche Kuppelbau ist hingegen erst rund 300 Jahre alt.

    An die allerersten Ursprünge aus dem elften Jahrhundert erinnert nur noch die Steinplatte. Und die ist schwer. Manchmal muss man sich eben anstrengen, wenn man den Dingen auf den Grund gehen will. Auch körperlich.

    „Würzburger Geheimnisse“: Das Buch ist bei der Main-Post erschienen, hat knapp 200 Seiten, ist durchgehend bebildert und kostet 14,90 Euro. Erhältlich ist das Buch in allen Geschäftsstellen, im Buchhandel oder in unserem Online-Shop: shop.mainpost.de

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