Nicht im historischen Ortskern, sondern am Bischbach, im Neubaugebiet von Homburg am Main, liegt malerisch das Museum Papiermühle. In einem Nebengebäude empfängt Museumsleiter Johannes Follmer die Besucher in Gummistiefeln.
Wenn er nicht gerade mit der Betreuung des Museums beschäftigt ist, schöpft er Papier von Hand, wie es schon sein Ur-Urgroßvater tat, als er 1853 die Mühle übernahm. „Es war gar nicht so leicht, einen Lehrer zu finden“, so der 36-Jährige. Außer ihm gibt es nur noch zwei Papierschöpfer in Deutschland. „Und jeder von ihnen behauptet, der einzige zu sein“, so Follmer.
Hin und wieder verirren sich neugierige Museumsbesucher in die Werkstatt und lassen sich die Arbeitsschritte erklären. Früher wurden alte Lumpen zu Papier verarbeitet, Follmer verwendet meist Baumwoll- oder Hanffasern. Mit Leim und Wasser werden sie in einer Maschine namens „Holländer“ zu einem Brei zermahlen, der später in der Bütte verdünnt und mit einem feinen rechteckigen Sieb herausgeschöpft wird.
Die Siebe hat der gelernte Schreiner bis auf wenige erhaltene Exemplare selbst hergestellt. Für ein Wasserzeichen wird aus Draht die gewünschte Form eines Wappens oder Initials auf ein Sieb aufgenäht. So entsteht ein Relief, das sich beim Gautschen – so nennt man das Abdrücken des geschöpften Breis auf einen Filzbogen – in das noch nasse Papier einprägt.
Die Räume mit den alten Maschinen vermitteln die Atmosphäre von frühindustrieller Fabrikarbeit. Was das Schöpfen von Hand für eine Arbeit ist, hat auch Kerstin Vormwald gemerkt. Die Tochter seiner Cousine versucht sich für ihre Facharbeit in der Werkstatt des Papierschöpfers. „Als Kinder mussten wir manchmal auf dem Trockenboden helfen“, erinnert sich ihre Mutter. „Und der Opa hat immer geschimpft, wenn ich mit meinen langen Zöpfen zwischen den Maschinen durchgegangen bin.“
Am 1. und 2. September bringt Johannes Follmer Miniaturversionen seiner Geräte und Maschinen mit zum Festungsfest nach Würzburg. Im Mainfränkischen Museum kann man ihm dann von 10 bis 19 Uhr über die Schulter schauen.
Das Festungsfest-Programm zum Lesen und Herunterladen: www.mainpost.de/beilagen
Daten & Fakten
Die Geschichte der Papiermühle
Seit 1807 wurde der Bischbach als Energie- und Wasserlieferant zur Papierherstellung genutzt, ab 1853 durch die Familie Follmer. Nach Einstellung der Produktion im Jahre 1975 eröffnete 1997 nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten das Industriemuseum, seit 1999 schöpft Johannes Follmer in der Manufaktur edle Büttenpapiere. Mehr Infos: www.papiermühle-homburg.de