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WÜRZBURG: Ein Feigenbaum zur Erinnerung

WÜRZBURG

Ein Feigenbaum zur Erinnerung

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    Beim Trauergottesdienst neben dem Altar:  Ein Bild von Hanna Friedlein,  ein Feigenbaum und letzte Post.
    Beim Trauergottesdienst neben dem Altar: Ein Bild von Hanna Friedlein, ein Feigenbaum und letzte Post. Foto: Foto: Franz Barthel

    Die Pfarrerin Hanna Friedlein war länger als viele Lebenslängliche hinter Gittern: fast drei Jahrzehnte lang, die meiste Zeit davon in der Strafanstalt Aichach, Deutschlands größtem Frauen-Gefängnis, und in den letzten fünf Jahren dann, bis Ende März dieses Jahres, in der Justizvollzugsanstalt Würzburg (JVA ).

    An diesem Samstag sollte Bayerns dienstälteste Gefängnisseelsorgerin in Würzburg offiziell in den Ruhestand verabschiedet werden, bei der Amtseinführung ihrer Nachfolgerin, der Pfarrerin Astrid Zeilinger. Aber das Programm ist überholt, die Verabschiedung fällt aus, Hanna Friedlein ist nicht dabei. Erst kam die Nachricht, dass sie krankheitsbedingt nicht kommen könne, und in dieser Woche dann die Nachricht von ihrem Tod. Sie wurde 65 Jahre alt. Gefangene, Mitarbeiter der JVA, Freunde und Bekannte haben bereits Abschied genommen bei einem Trauergottesdienst, dessen Gestaltung die Pfarrerin selbst auf einer Palliativstation in Ingolstadt noch beschäftigte.

    Der Wunsch nach Frieden für alle

    So wollte sie, dass Erich Kästners „Eisenbahn-Gleichnis“, mit dem sie die Gefangenen bei ihrem letzten Gottesdienst am Friedrich-Bergius-Ring konfrontiert hatte, auch beim Trauergottesdienst für sie Thema ist: „Wir sitzen alle im gleichen Zug/und reisen quer durch die Zeit./Wir sehen hinaus. Wir sahen genug./Wir fahren alle im gleichen Zug/ und keiner weiß, wie weit…“. Und mit „Alles hat seine Zeit“ aus dem alttestamentlichen Buch der Prediger wollte Hannah Friedlein sich bei ihrer offiziellen Verabschiedung dem für die meisten unangenehmen Thema „Tod“ nähern.

    Ihrem Wunsch entsprechend wurde der Text vorgetragen, die Interpretation blieb ihrer Nachfolgerin Astrid Zeilinger vorbehalten und auch Musik und Gesang waren, wie Hanna Friedlein es sich gewünscht hat oder hätte: „So nimm denn meine Hände…“ zum Beispiel und „Hevenu Shalom alechem“, der Wunsch nach Frieden für alle, bei dem die ehemalige Gefängnispfarrerin, sagen Leute aus ihrer Umgebung, besonders kräftig mitgesungen hätte.

    Ein Körbchen mit Briefen und Karten

    Neben einem Bild von Hanna Friedlein stand am Altar ein kleiner Feigenbaum, den man ihr zur Verabschiedung im Gefängnis schenken wollte. Der wird jetzt auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt zur Erinnerung an die Pfarrerin eingepflanzt, und daneben stand ein Körbchen mit Briefen und Karten mit zum Teil überholtem Inhalt, mit guten Wünschen für den neuen Lebensabschnitt nach Jahrzehnten im Strafvollzug, Absender: Gefangene, Mitarbeiter der JVA und Ehrenamtliche. Doris Schäfer, die katholische Kollegin, hatte die Post in den letzten Wochen gesammelt und ging dabei davon aus, dass sie die vielen guten Wünsche bei einem Krankenbesuch übergeben könnte. Die werden nun auf dem JVA-Gelände unterm Feigenbaum vergraben.

    Die Zahl der Gefangenen war beim Abschied nehmen von Hanna Friedlein „überschaubar“. Man sah robuste Mannsbilder, die mit den Tränen kämpften. Deswegen waren andere vermutlich erst gar nicht in die JVA-Kapelle gekommen. Die Betroffenheit unter den Gefangenen sei groß gewesen, so Doris Schäfer, als sie beim Sonntagsgottesdienst vom Tod der engagierten Pfarrerin Hanna Friedlein erfuhren.

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