Ausgerechnet das flächenmäßig größte Dorf im Landkreis Würzburg pflegt den traditionellen Flurgang noch im Ganzen. Alle sieben Jahre laden die Feldgeschworenen zum öffentlichen Rundgang ein.
Fast drei Kilometer sind es von der Dorfmitte zum Grenzstein H 1 und dann 24 Kilometer rund um die Hopferstadter Flur, zwischen Gülchsheim im Süden, Rittershausen im Westen, der Stadt Ochsenfurt im Norden und der Mautpyramide an der B 13 im Osten. 27 Teilnehmer waren es diesmal, darunter Zugezogene, die die Flur noch nicht kennen und Alteingesessene auf den Spuren der Erinnerung, die Schwierigkeiten hätten, die Äcker ihrer Eltern zu finden oder zuletzt als Kinder mitgelaufen sind. Die Siebener um Obmann Josef Häußlein, aus immerhin noch 36 aktiven Landwirten auserwählt, haben die Grenzsteine während der Woche bereits freigelegt und mit der Frankenfahne markiert. 185 sind es nach fortlaufender Zählung; tatsächlich aber nur etwa 140, denn mit der Flurbereinigung hatten etliche ihren Standort verloren.
Flurgang mit Bibeltexten
Die große Runde um 1450 Hektar und über etwa acht Stunden ist aber nicht das einzige Kuriosum. Unter den Grenzzeichen befinden sich vier Evangeliensteine, verteilt auf die vier Himmelsrichtungen, jeweils am entferntesten Punkt. Ihre Besonderheit ist das schwarze Kreuz auf der Oberfläche zusätzlich zum Meißelzeichen für die Richtung des Grenzverlaufs. Schwarz ist die Markierungsfarbe der katholischen, Rot die Farbe der evangelischen Christen, erläuterte Häußlein vorab. An den Evangeliensteinen ist es zudem überlieferter Brauch, für eine Lesung aus den Büchern der vier Evangelisten des Neuen Testaments inne zu halten, weshalb die Siebener beim Flugrang nicht nur mit Fluchtstab und Spaten, sondern auch mit Bibeltexten unterwegs sind.
Bei der jährlichen Flurprozession im Mai haben die jeweils vier zuletzt vereidigten Feldgeschworenen zudem die Aufgabe, die geweihten Grannen – die wachsumhüllten Nägel – von der Osterkerze des Vorjahres, an den Evangeliensteinen zu vergraben. Es besiegelt den besonderen Schutz der Hopferstadter Flur, seiner Feldfrüchte und der Bevölkerung, sagt Siebener Valentin Ruf. Die Evangeliensteine gelten als einzigartig im weiten Umkreis. Die Geschichte ihrer Einsetzung liegt allerdings völlig im Dunkeln, größtenteils auch die Entwicklung der mit ihnen im Zusammenhang stehenden Gebräuche.
Lena Häußlein wurde gestaucht
Und diese wandeln sich, auch bei einem so uralten Dienst wie den Feldgeschworenen. Wird das Stauchen der Kinder, dass sie sich die Steine merken, in Hopferstadt eigentlich nicht mehr praktiziert, wurde Lena Häußlein von Burkard Karl und Erwin Häußlein zur Demonstration dann doch auf den Evangelienstein zu Geißlingen und Gülchsheim hin aufgesetzt.
Nicht verhandelbar ist, dass die Gemeinde zum Flurgang die Brotzeit spendieren muss, was Bürgermeister Peter Juks aber auch gänzlich fern liegt bei einem derart alten, kommunalen Ehrenamt. "Der Grenzgang war immer ein Feiertag", sagt der 82-jährige Andreas Herrmann, der 30 Jahre Obmann war. Und von Rittershausens Obmann Karl Korbmann, gebürtig aus Hopferstadt, war bei einem Vortrag unter anderem zu erfahren, dass die Rittershäuser jeweils nur auf den so genannten Hopferstädter Berg fahren müssten, wenn sie jemanden in der Flur suchten. Bis auf eine Mulde Richtung Gaukönigshofen sei alles einsehbar. Unter allen Nachbarn teilt man sich hier die kürzeste gemeinsame Gemarkungsgrenze: nur eine Ackerlänge.

