Erich Lange hat in der Backstube der Bäckerei Roth in Riedenheim Unmengen von Hörnchen geformt, und ebenso viele Brote und Brötchen in den Ofen geschoben. "Und jetzt langt es mal" sagt der 70-Jährige, der aus dem im Landkreis Neustadt/Aisch gelegenen Ippesheimer Ortsteil Herrnberchtheim stammt.
Für ihn geht zwar mit Wehmut, aber endgültig am Dienstag, 30.Juni, die 50-jährige Betriebszugehörigkeit beim "Rothe Bäck" zu Ende. Nach dem Eintritt in die Rente hatte der vitale "Fast-Ruheständler" noch fünf Jahre drangehängt, um einmal wöchentlich in der Backstube zu arbeiten. Zum einem, wie er erklärt, weil ihm seine Arbeit gefällt, und zum anderen, um seine Sangesbrüder vom Männerchor Ippesheim mit den seit langem gewohnten Erzeugnissen aus der Bäckerei Roth zu versorgen.
Die Chefin kochte das Mittagessen
Während sein Chef Johannes Roth (44) schon mal das Gebäck mit der großen Zahl "50" aus dem Ofen holt, erzählt Erich aus seinem "Bäckerleben", dass er als 15-Jähriger begonnen hatte. Seine Ausbildung absolvierte er in der Auber Bäckerei Wengertsmann. Hier blieb er auch für weitere zwei Jahre beschäftigt.
Im Jahr 1970 wechselte er in die Riedenheimer Bäckerei Roth. In dem 1890 von Karl Roth gegründete Betrieb, den dessen Sohn Albin Roth weiterführte, gefiel Erich Lange neben dem guten Arbeitsklima auch das familiäre Miteinander. Das jahrzehntelange gemeinsame Mittagessen, das "Chefin" Eugenie Roth kochte, gehörte zu seinem Arbeitsalltag. Ebenso hat er miterlebt, wie sich nach der Tochter Claudia die Familie von Eugenie und Albin Roth um weitere drei Töchter und zwei Söhne vergrößerte.
"So lange, wie ich denken kann, ist der Erich da."
Johannes Roth, Bäckereichef
Bei den Kindern, die er aufwachsen sah, hat sich, wie bei Bäcker-und Konditormeister Johannes und Bäckermeister Martin Roth (46), die seit 2001 gemeinsam das Geschäft führen, auch bei den Schwestern die Liebe zum Bäcker-und Konditorhandwerk durchgesetzt.
"So lange, wie ich denken kann, ist der Erich da" sagt Johannes Roth. Und Erich Lange denkt zurück an seine Anfangszeit. Damals arbeiteten in der Backstube außer dem Chef Albin Roth und dessen Bruder Ludwig Roth zwei weitere Gesellen und er selbst. Alles war, wie er erzählt, viel kleiner, und alles ganz anders.
Ein Spezialist für Torten und Kleingebäck
Im Gegensatz zu heute, wo rund 20 verschiedene Sorten Brot und eine ähnlich große Menge verschiedener Brötchen hergestellt werden, gab es einstmals drei Brotsorten und kaum Auswahl an Brötchen und Kleingebäck. Dafür stand in früheren Jahren die Fertigung von Torten hoch im Kurs. Wie sich Johannes Roth und sein Mitarbeiter erinnern, platzte vor großen Feiertagen die Backstube vor Torten nahezu aus den Nähten. Wie sie erzählen, waren allein zum Weißen Sonntag 180 Schwarzwälder Kirschtorten keine Seltenheit.
Auch, nachdem im Laufe der Jahrzehnte der Betrieb mehrfach vergrößert wurde und auch mehr Maschinen Einzug hielten, war und blieb der Erich der Spezialist für Klein-und Feingebäck und Tortenböden. Und besonders die Herstellung von Blätterteig, wie die Wiener Hörnchen, mit denen er sich gerade beschäftigt, kann, wie sein Chef sagt, "kaum einer so gut wie der Erich." Überhaupt, so Johannes Roth, hat sein treuer Geselle "alles, was man sich von einem guten Mitarbeiter nur wünschen kann."
Zum Abschied ein Wochenende in der Rhön
Erich Lange, der in seiner langen Betriebszugehörigkeit ohne nennenswerte Fehltage geblieben ist, hat den Beginn seiner Arbeitszeit um zwei oder drei Uhr in der Nacht und sein Leben außerhalb der Backstube gut unter einen Hut gebracht. Der freundliche Bäcker, der mit den Betriebsführern ebenso gut ausgekommen ist wie mit den Kolleginnen und Kollegen, bewirtschaftet in seinem Heimatort einen kleinen Weinberg.
Daneben gehört der dreifache Vater und Opa von vier Enkelkindern aktiv dem Bläserchor Ippesheim an. Dort fungiert er auch als Sänger. Eine weitere Leidenschaft des Erich Lange ist das Wandern. Und da er besonders gerne in der Rhön unterwegs ist, spendieren seine Arbeitgeber, ihrem, wie Johannes Roth sagt, "zuverlässigen, ehrlichen und treuen Mitarbeiter" zum Abschied einen Wochenendaufenthalt in der Rhön für ihn und seine Frau Friederike.