Farbenfrohe Tücher, die flauschige Mütze und die Socken, wie auch die aus einem Kuhfuss gefertigte Trinkflasche sind die Mitbringsel, die Eva Hellmuth sichtbar an das Jahr erinnern, in dem sie nicht in ihrem Zuhause in Gaukönigshofen, sondern in Cotoca in Bolivien gelebt hat. Nach außen hin nicht sichtbar sind die Eindrücke und Spuren, die diese Zeit in dem rund 9300 Kilometer entfernten Land und der völlig fremden Kultur bei der 20-Jährigen hinterlassen haben.
Es war, wie sie sagt, „schön, spannend und eindrucksvoll, aber am Anfang auch sehr schwer.“ Eva, die durch den der Aktion „Weltwärts“ angeschlossenen Bund der Katholischen Jugend Bayern (BDJK) ausgesandt wurde, kam mit zwei männlichen Freiwilligen in die bolivianische Kleinstadt.
„Zunächst ziemlich geschockt“ war sie, wie sie erzählt, von den hygienischen Verhältnissen. Die hat sie nicht nur an ihrem Arbeitsplatz in dem Behindertenwohnheim „Hogar Teresa de los Andes“ vorgefunden.
Das Hogar, wie „Heim“ auf Spanisch heißt, wird von kolumbianischen Ordensbrüdern geleitet. Bei der Betreuung der 150 schwerst körperlich und geistig behinderten Kinder werden die Mitarbeiter von jährlich wechselnden Freiwilligen unterstützt.
Wie dringend notwendig diese Unterstützung ist, erfuhr die junge Gaukönigshöferin nicht nur dadurch, dass ihr Arbeitstag rund zehn Stunden lang war. „Es fehlt einfach an allem“, beschreibt sie die Armut, in der die Menschen in dem Heim und der einige tausend Bewohner zählenden Stadt leben.
Mit den Spendengeldern in Höhe von 1500 Euro, die sie nach Cotoca mitgenommen hat, finanzierte sie als erstes einige Moskitonetze. „Ohne das Moskitonetz hätte ich nicht weiterleben können“. Noch in der Erinnerung schüttelt es sie bei dem Gedanken an die Stechmücken, die praktisch überall und in großen Schwärmen auftreten.
Für die Kinder, deren Pflege in ihren Händen lag, besorgte sie Farben, Pinsel und Papier um sie zu beschäftigen. Auch fertigte sie einen Adventskalender und füllte am Nikolaustag die Schuhe der Kleinen mit Süßigkeiten, ebenso wie sie für ihre jungen Schützlinge einen wöchentlichen Kinoabend eingeführt hat. Sie übernahm mit ihren Helfern die Erneuerung des, auf dem Gelände des Heims gelegenen Mausoleums, in dem verstorbene Kinder beigesetzt sind.
Mit dem ungewohnten, zumeist sehr fettige Essen und der Unterbringung in einem äußerst einfachen Zimmer, dem Schlafen auf einer Strohmatte und sehr wenig Privatsphäre musste Eva ebenso fertig werden wie ohne Internetzugang im Hogar, und vor allem mit dem Heimweh.
Dass sich das im Laufe der Zeit gebessert hat, dafür sorgten die Eltern Mechthild und Anton Hellmuth, die ihre Tochter in Bolivien besuchten. Bei gemeinsamen Ausflügen lernte die Familie Land und Leute und die rund eine Autostunde entfernte Millionenstadt Santa Cruz kennen.
Die viele Arbeit, die sie hatte und die belohnt wurde durch die Freude der Kinder, die sie am Schluss des Jahres gar nicht mehr weg lassen wollten, hat die Zukunft von Eva Hellmuth maßgeblich beeinflusst: Anstatt wie sie ursprünglich vorhatte „irgendwas im Bereich Umwelt“ zu machen, ist die Gaukönigshöferin derzeit mit ihrem Umzug nach Halle beschäftigt. Dort studiert sie in den kommenden sechs Jahren für das Lehramt an Förderschulen, um später mit körperlich- und Sprachbehinderten Kindern arbeiten zu können.