Der Trend, den es in München schon seit einigen Jahren gibt, ist auch in Würzburg angekommen: Zum Volksfest geht man in Tracht. Beim Oktoberfest ist die Zahl der Dirndl- und Lederhosenträger in den vergangenen fünf Jahren ständig gestiegen: Inzwischen kommt die Mehrzahl der Besucher in Trachtenmode. Besonders die Teenager putzen sich traditionell heraus – das Dirndl oder die Krachlederne kann man auch günstig via Internet mieten.
Auf der Talavera sind Miederkleid und Hirschlederne zwar noch die Ausnahme – aber eine, die ins Auge fällt. Einen „Trend zum Dirndl“ beobachtet vor Ort Schausteller-Sprecher Heiner Diestel und auch der Würzburger Einzelhandel: Bei „Leder- Landhaus- & Trachtenmoden“ in der Nürnberger Straße ist in den vergangenen drei Wochen der Umsatz gestiegen. Verkauft wurden „deutlich mehr Dirndl als sonst“, wie eine Mitarbeiterin erklärt.
Das bestätigt auch das Traditionshaus „Felix Kehl – Trachtenmode“. 30 Dirndl gingen kurz vor Beginn des Kiliani-Fests über den Ladentisch. Für junge Frauen sei das Dirndl „Event-Mode“ geworden, sagt Inhaber Manfred Giehl: „Ein Gag für bestimmte Anlässe.“
Günther Brönner, Vorsitzender des Würzburger Trachtenvereins, sieht diesen Trend mit gemischten Gefühlen. „Ich finde es natürlich schön, wenn sich die Leute für ein Volksfest etwas Besonders anziehen.“ Mit echter Tracht habe die Landhausmode auf Kiliani allerdings meist nichts zu tun.
Der Würzburger Trachtenverein pflegt Volks- und Gebirgstrachten, fränkische Tänze und Volkslieder. Eine typische Würzburger Tracht gibt es nicht – „für Städter waren vielleicht Zylinder und Gehrock typisch“. Die 160 Mitglieder des Vereins tragen bei besonderen Anlässen die Ochsenfurter Gautracht.
Weiße Strümpfe, bunte Schürze
Für Frauen heißt das: weiße Strümpfe, Unter-, Watt-, Kranz und Plissee-Rock, bunte Schürze, weiße Bluse, besticktes Mieder und Mutze – eine auf Figur gearbeitete, kurze Jacke mit Flügelärmeln. „Einen großen Ausschnitt gibt es hier nicht“, nennt Brönner einen wichtigen Unterschied zum event-tauglichen Alpen-Dirndl.
Der 66-jährige Brönner trägt dagegen – wie jüngst zum Kiliani-Festzug – weiße Kniestrümpfe, helle Lederhose, rote Weste und einen Dreispitz auf den Kopf. „Ich zeige damit die Liebe zu unserem Land und zum Brauchtum“, begründet Brönner seinen Hang zur Tracht, die von speziellen Schneidern handgefertigt wird. Ein rosa Mini-Dirndl kann dagegen für 79 Euro beim Otto-Versand bestellt werden.
Brönner trifft seine aktiven Mitglieder jeden zweiten Freitag im Vereinshaus. „Nicht in Volltracht, sondern erleichterter Tracht“, erklärt der Vorsitzende. Die Frauen tragen ein gelb-rotes Vereinsdirndl in den Farben des Würzburger Wappens. Es wird gesungen und getanzt und man sitzt beisammen.
Herzensangelegenheit
Brauchtumspflege macht Spaß, erzählt Brönner, der seit 48 Jahren im Verein aktiv ist – und dort auch seine Frau kennengelernt hat. Sorgen macht dem Verein nur eines: Der Nachwuchs fehlt. „Dieses Problem haben alle Brauchtums- und Trachtenvereine“, sagt Brönner, der bereits versucht hat, mit Infoveranstaltungen oder Broschüren Interessierte zu finden. Der Erfolg war mäßig. „Dabei ist es mir eine Herzensangelegenheit die Leute für unseren Brauchtum zu begeistern.“
Dass der Dirndlboom auf Kiliani auch ihm Zulauf beschert, glaubt Günther Brönner nicht. „Die Menschen haben ganz andere Beweggründe, warum sie sich so anziehen.“ Einer dieser Gründe könnte ganz banal sein: Wer in Tracht beim Stadlwirt erscheint, bekommt ein Freibier.
Im Blickpunkt
Infos über den Trachtenverein Würzburg gibt's bei Günther Brönner, Tel. (09 31) 27 24 18), oder beim Unterfränkischen Trachtenverband. Internet: www.trachtenverband- unterfranken.de