Ja, auf den Dienstag nächster Woche freue sie sich schon, sagt Heidrun Podszus. An diesem Tag werden die städtischen Kulturmedaillen verliehen, eine der drei Auszeichnungen bekommt das Programmkino Central. Podszus ist die Kinochefin, genauer gesagt die Vorsitzende des Vorstands der gemeinnützigen Kinogenossenschaft. Diese besitzt und betreibt mit ihren 480 Genossen das bayernweit einmalige Kinoprojekt.
Seit der Eröffnung vor zwei Jahren kamen über 70 000 Zuschauer in die umgebaute Aula der Mozartschule in der Hofstraße. Für diese Erfolgsgeschichte sorgen – neben den Kinobesuchern – die über 80 ehrenamtlichen Helfer, die ohne Bezahlung und höchstens mal mit einer Freikarte als Belohnung den täglichen Betrieb mit mindestens zwei Vorstellungen am Laufen halten.
Ein Engagement, das mit der Kulturmedaille gewürdigt wird. Und das von Beginn an ungebrochen ist. „Es gibt kaum Fluktuation bei den Mitarbeitern“, berichtet Heidrun Podszus, die selbst unzählige ehrenamtliche Stunden im und mit dem Kino verbringt. „Wie viele das sind, weiß ich nicht“, sagt die 58-jährige. Die gebürtige Berlinerin betrieb früher selbst Kinos, ist noch an einem Hamburger Kino beteiligt und hat einen Verleih von Arthouse-Filmen. Das ist jenes Genre, das wie Autoren- oder Dokumentarfilme von den Großkinos kaum präsentiert wird.
Solche Filme zu zeigen, hält die Central-Mitarbeiter bei der Stange. „Alle wollen, dass es dieses Kino gibt, in dem sie Filme sehen können, die die Multiplex-Häuser kaum oder gar nicht zeigen“, erklärt Podszus die Motivation. Dazu gehört natürlich auch Spaß an der Arbeit. Den Startschuss für das ungewöhnliche Kinoprojekt hatte die Schließung des „Corso“ Ende 2009 geliefert. Als das letzte Innenstadtkino dicht machte, entwickelte sich nach einer Unterschriftaktion und dem Anschub durch das städtische Kulturreferat die Programmkino-Initiative.
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter haben meist einen bürgerlichen Hintergrund, sind oft Lehrer oder Leute, die im sozialen Bereich arbeiten, im Durchschnitt um die 45. Ob im Kassenbereich, bei den Vorführern, in der Baugruppe, bei den Flyer-Verteilern oder in der Programmgruppe, die die Filmauswahl trifft, aktiv – „alle wollen ihr Kino mitgestalten“.
Manche arbeiten zwei bis drei Stunden im Monat fürs Central, andere bis zu 30 Stunden die Woche. „Uns eint das Gefühl, wir machen was zusammen“, erklärt Sebastian Goll. Den 27-jährigen Informatiker reizt die Kinotechnik, die er verantwortet. Der aktuelle Meilenstein des Central: Seit Mitte Oktober ist digitale Technik installiert. „Das ist ein Muss zum Überleben“, begründen Goll und Podszus die 50 000 Euro teure Investition. „Viele der 500 Filme, die pro Jahr erscheinen, gibt es gar nicht mehr im 35-Millimeter-Format.“
Ganz ausgedient hat die Filmrolle noch nicht, der alte Projektor neben seinem Digital-Kollegen ist noch in Betrieb. Doch bereits jetzt werden 60 Prozent der Filme digital gezeigt, Tendenz steigend. Die Filme werden vom Verleiher auf Festplatte geliefert und per Computer eingespielt. Die Kunst des Filmvorführens ist dabei nicht mehr gefragt. „Das ist ein ganz anderer Prozess, eigentlich können jetzt alle alles“, sagt Goll.
Wenn das Kino wie angekündigt ins geplante Kulturzentrum auf dem ehemaligen Bürgerbräu-Gelände in der Zellerau zieht, wird die Digitaltechnik mitgenommen. Der Umzug soll in etwa zwei Jahren erfolgen. Doch noch in der Mozartschule will das Central möglichst bald einen zweiten kleinen Kinosaal, vor allem für Dokumentarfilme und Streifen für ein kleineres Zielpublikum in Betrieb nehmen.
Neuerungen sind beim Central an der Tagesordnung. Zum normalen Programm kommen Aktionen wie das Filmfestival, die derzeit laufenden Italienischen Filmtage, türkische Filmtage sowie so genannte Kooperation hinzu, wo mit Partnern wie amnesty international oder die Akademie Frankenwarte themenbezogene Filme laufen. In der Reihe „Nicht nur für Cineasten“ werden rare und spezielle Streifen präsentiert, bei „Mein besonderer Film“ erklärt und zeigt ein lokaler Promi seinen Lieblingsstreifen. Relativ jung ist der „Virtuelle Filmclub“, bei dem Kinofreunde über die Homepage www.central-programmkino.de Vorschläge machen können. Neu ist auch das Mitmachkino für Kinder jeden zweiten Samstag im Monat. „Damit wollen wir Familien ansprechen“, sagt Podszus. Familien sind bislang unter den Central-Besuchern eher selten. Das „typische Publikum“ sind die so genannten Bildungsbürger ab 40 und die Studenten.
Gibt's die Befürchtung, dass die Erfolgsstory des ehrenamtlichen Programmkinos mal zu Ende sein kann? „Da hab' ich keine Angst“, sagt Kinochefin Podszus. „Trotz Heimkino wird es immer genügend Menschen geben, die sich für das gemeinsame Erlebnis Kino begeistern.“
Kulturmedaillen
Die Stadt Würzburg zeichnet am 20. November das Central Programmkino, die Museumsführer von „Shalom Europa“ und die Komparserie des Mainfranken Theaters für ihr großes ehrenamtliches Engagement aus.
Das Programmkino Central entstand aus einer Unterschriftenaktion nach dem Aus des Corso-Kinos Ende 2009 heraus. Seit November 2010 füllt die Genossenschaft mit ihren vielen ehrenamtlichen Helfern in Würzburg die entstandene Lücke im cineastischen Angebot.