Wenn am 2. Juni zur Eröffnung des diesjährigen Mozartfestes im Kaisersaal der Residenz der erste Ton des Freiburger Barockorchesters erklingt, dann ist für eine Zuhörerin im Publikum das diesjährige Mozartfest schon fast wieder Geschichte. Denn die Gedanken von Mozartfest-Intendantin Evelyn Meining gehen schon jetzt bis in die Jahre 2020 und 2021. Zuerst wird Beethovens 250. Geburtstag gefeiert: „Das wird dann auch beim Mozartfest ein Thema sein“, blickt die Leiterin des Klassik-Festivals in die Zukunft, das seinerseits 2021 sein 100-jähriges Bestehen feiern wird. Noch so ein Gedanke, der Evelyn Meining bereits jetzt beschäftigt: „Da muss das Mozartfest ein nationales Ereignis werden!“
Wir treffen sie früh um zehn Uhr in einem Café am Marktplatz. Im Mozartfest-Büro im Rathaus ist nämlich kein Platz für sie. Weder hat sie dort einen eigenen Schreibtisch geschweige denn ein eigenes Büro. Den wenigen Platz dort brauchen die Mitarbeiterinnen für das operative Geschäft. Und zwar das ganze Jahr lang.
Auch im Urlaub geht's ums Mozartfest
Wir wollen mit Evelyn Meining, darüber sprechen, wie sie die Zeit außerhalb des vierwöchigen Mozartfests nutzt. Ihre Antwort kommt prompt: „Nach dem Mozartfest ist vor dem Mozartfest“, sagt sie und lacht dabei. Und schiebt nach: „Wissen Sie, ich bin ein Arbeitstier!“ denn mit dem Mozartfest beschäftigt sie sich zwölf Monate lang und das sieben Tage in der Woche. Und Urlaub? Ja den gibt es, aber auch da geht es nicht ohne Musik. Dann geht Evelyn Meining mit ihrem Mann Stephan Mösch – Professor an der Karlsruher Musikhochschule, Musikwissenschaftler und Musikjournalist – auf Festivaltour nach Bayreuth, Salzburg usw. „Da genießen wir den Blick über den Tellerrand hinaus“. Aber im Grunde hat sie auch da stets das Mozartfest im Kopf.
Im August dürfen auch die Mitarbeiterinnen im Mozartfestbüro im Würzburger Rathaus pausieren. Zuvor allerdings – wenn alle Erinnerungen noch frisch sind – gibt es eine zwei- bis dreitägige Klausur den beiden Festivalleiterinnen Evelyn Meining und Geschäftsführerin Karin Rawe. „Da wird das gerade beendete Mozartfest komplett unter die Lupe genommen, schließlich wollen wir Jahr für Jahr besser werden“, erklärt Meining dieses Beisammensein.
Im Tagegeschäft sei viel zu wenig Zeit für einen reflektierten Austausch über all die vielen Kleinigkeiten, die zwar das Publikum nicht unbedingt bemerkt, die aber Sand ins Getriebe bringen könnten.
Ein kleines Team mit großen Aufgaben
Sechs feste Mitarbeiter und zwei regelmäßige Volontäre bilden den „Inner Circle“ des Mozartfests. Neben Evelyn Meining sind dies Geschäftsführerein Karin Rawe sowie die Organisationsleiterinnen Louisa Riedel und Katharina Strein, die auch für die Kommunikation zuständig sind. Diesen beiden assistieren Sina Schenk und Laura Wikert. Britta Wirth kümmert sich um das Büromanagement und Julia Büdel um das Marketing, gemeinsam sind sie auch verantwortlich für den Kartenverkauf.
Nur ein paar Meter weiter vom Cafe ist im Mozartfest-Büro im Rathaus eine Besprechung mit Chef-Platzanweiser Wolfgang Münzel im Gange. Dazu werden zusätzliche Stühle ins ohnehin nicht allzu geräumige Büro der Organisationsleitung geschoben. Ein eigener Besprechungsraum? Der ist Wunschdenken. Münzel, so scheint es, entgeht kein Detail. Schließlich ist er seit über 30 Jahren dabei.
Zahlreiche Details sind zu beachten
Da geht es nicht nur darum, die Besucher auf ihre Plätze zu geleiten. Die Platzanweiser müssen beispielsweise auch wissen, welche WCs geöffnet und ob sie auch benutzbar sind. Die Platznummerierung muss vor jedem Konzert überprüft werden, damit die Besucher schnell ihre Plätze finden. Besonders interessiert hört Katharina Strein zu, denn es ist ihr erstes Jahr beim Mozartfest. Dazu gibt es neue Sicherheitskonzepte, die unter den Kollegen kommuniziert werden müssen. Denn in kritischen Situationen sind die Platzanweiser die ersten, die beruhigend auf die Besucher einwirken können und müssen. Kommuniziert werden müssen auch neue Saalpläne an den 22 Spielstätten, die das Mozartfest in diesem Jahr nutzt, damit alle Platzanweiser über Neuerungen informiert sind.
Eine dieser externen Spielstätten ist seit einigen Jahren die Abfüllanlage der Würzburger Hofbräu. Dort wird in diesem Jahr umgebaut, was zur Folge hat, dass jetzt 500 statt bisher 240 Plätze zur Verfügung stehen. Schon jetzt war die Organisationsleitung mit den zuständigen städtischen Dienststellen vor Ort und hat die neue Lage begutachtet. Zuvor wurden Pläne mit der neuen Platzanordnung und den Fluchtwegen gezeichnet. Die Behördenvertreter nickten alles ab und erst dann kann auch mit dem Kartenverkauf für den Abend mit den „Wellküren“ begonnen werden.
Mozartfest 2018 steht schon zu 70 Prozent
Währenddessen ist auch die Intendantin nicht untätig. Wenn sie nicht von ihrem Home Office bei Karlsruhe aus arbeitet, sprechen Karin Rawe und sie im September persönlich mit den wichtigen Sponsoren, die aus erster Hand erfahren wollen, wie das nächste Mozartfest aussieht. Im Oktober muss bereits das umfangreiche Programmbuch geplant werden: Dahinter steckt viel Detailarbeit für das gesamte Team und sie. Ist das Grußwort des Oberbürgermeisters da? Sind alle Fotos der Künstler eingetroffen und die Bildrechte geklärt? Sind die Texte für die Konzerte geschrieben? Mit der Grafikagentur muss die Visualisierung festgelegt werden – und parallel läuft immer die Planung für spätere Mozartfeste weiter. 2018, so verrät die Mozartfest-Intendantin im Gespräch, sei bereits zu 70 Prozent fertig.
Intendantin und Mutter
All das würde den meisten Menschen schon für einen „normalen“ Vollzeitjob reichen. Doch für Evelyn Meining ist das längst nicht alles. Sie hat nämlich zwei Töchter, die fünfjährige Adina und die 12-jährige Antonia, die auf ihre viel beschäftigte Mutter nicht gänzlich verzichten wollen. Da sie nicht an ein externes Büro gebunden sei, könne sie viel von zu Hause aus arbeiten, erzählt sie. Da bleibe ausreichend Zeit für die Töchter – allerdings nur dann, wenn alles sehr gut organisiert ist. Das funktioniere gut, denn „ich bin schon ein Organisationstalent“, so die Mutter Evelyn Meining. Trotzdem hilft in der Familie eine Kinderfrau mit aus.
Zurück ins Büro in Würzburg: Dort sind die beiden Volontärinnen im Rathaus in den zweiten Stock in einen ehemaligen Besprechungsraum ausquartiert. Weit weg vom eigentlichen Büroleben. Hier bereiten Laura Wikert und Sina Schenk zur Zeit den Mozarttag am 3. Juni und das vom 10. bis 13. Juni dauernde MozartLabor vor. Ihr Raum ist der großzügigste von allen und allemal attraktiver als der Schreibtisch in der engen Teeküche, der früher als Volontär-Arbeitsplatz herhalten musste. Eng ist es auch im Verkaufsraum für die begehrten Mozartfest-Karten. Denn hier, wo meist reger Publikumsverkehr herrscht, befindet sich auch das Ticketing-Backoffice mit den Arbeitsplätzen von Julia Büdel und Britta Wirth.
Abgerissene Knöpfe und WLAN
Monat für Monat, so erzählt Louisa Riedel, wird Thema für Thema abgearbeitet. Im Dezember steht die große Pressekonferenz mit der Programmpräsentation an. Danach beginnen die verschiedenen Stufen des Kartenvorverkaufs, Ausschreibungen für die Veranstaltungstechnik müssen durchgeführt werden, Kalkulationen auf den neuesten Stand gebracht und Verhandlungen mit der GEMA geführt werden oder die Veranstaltungsplätze für den Mozarttag bei der Stadt beantragt und genehmigt werden. Damit nichts vergessen wird, kommt inzwischen ein spezielles Computerprogramm zum Einsatz.
Wenn dann endlich im Juni das Mozartfest beginnt, ist für das Büro-Team die Arbeits keineswegs beendet. Dann gibt es hinter den Kulissen erst recht jede Menge zu tun. Bei jedem Konzert sind Mitarbeiter der Organisation vor Ort und achten auf einen reibungslosen Ablauf. Es kann nämlich schon mal passieren, dass einem Künstler noch kurz vor dem Auftritt ein abgerissener Knopf an den Anzug genäht werden muss, oder kurzfristig ein Stadtrundgang oder eine Residenzführung organisiert werden müssen. Was die Künstler heutzutage am meisten interessiert, erzählt Louisa Riedel, ist die WLAN-Verbindung in der Residenz.
Die ist dort allerdings Fehlanzeige. Aber inzwischen wüssten viele Musiker schon vorher, dass die Residenz ein Museum und kein Konzerthaus sei.
Und wenn sie nicht gerade einem der 60 Konzerte lauscht, denkt Evelyn Meining in ihrem temporären Büro mit WLAN-Verbindung im Kloster Himmelspforten, das sie für die Dauer des Mozartfestes angemietet hat, über die Mozartfeste der Zukunft nach.