Einst lud ein bekannter Würzburger Schönheitschirurg die Schönen und Reichen zu Feiern an seinen Tisch. Jetzt sitzt der 55-Jährige wegen Millionenbetruges auf der Anklagebank– und Freunde vermissen Millionen.
Zuschauern zugewinkt
Der Auftakt des Prozesses hat etwas Irritierendes: Ohne Handschellen und nach allen Seiten lächelnd, betritt der Mann mit zwei Doktortiteln im schwarzen Maßanzug selbstbewusst den Sitzungssaal – als wolle er wieder einmal zur Wohltätigkeitsgala begrüßen. Er strahlt in die Kameras, winkt jovial Bekannten im Zuschauerraum zu, reckt optimistisch den Daumen in die Höhe.
Freunde und Angestellte betrogen
Dann beginnt der ernüchternde Prozess der Wahrheitssuche. Vier Verhandlungstage hat das Gericht angesetzt. Zur Anklage will sich der Schönheitschirurg nicht äußern.
Doch die Aussagen von acht Zeugen – allesamt Bekannte und Geschädigte des Doktors – ergeben Stück um Stück das Mosaik seiner besonderen Gabe: Der Arzt war ein Meister der schönen Fassade – mit dem Skalpell ebenso wie mit dem Mundwerk. Als Schönheitschirurg machte er Menschen schöner, als die Natur sie geschaffen hatte. Und als eloquenter Erzähler schuf er schillernde Scheinwelten, um seine Fassade als erfolgreicher Unternehmer, Mäzen und Partylöwe aufrecht zu erhalten. Seine Ausstrahlung und seine Großzügigkeit bewogen Freunde, ihm ohne große Absicherung bis zu siebenstellige Beträge zu leihen, von denen sie bis heute so gut wie nichts wiederbekamen. „Ich war leichtgläubig,“ sagt schulterzuckend ein Zeuge auf die Frage des Gerichts, warum er ohne Sicherheiten Geld verlieh. Ein zweiter teilt mit: „Ich war blöd.“ Mancher vermittelte dem Mann in Geldnöten sogar noch seine Freunde als weitere Geldgeber.
Mehr als vier Millionen?
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mediziner 19 Fälle des Betruges, zwei weitere Versuche, Urkundenfälschung und Insolvenzverschleppung vor. Rund vier Millionen Euro soll er sich erschlichen haben, sagt die Anklage. In Wahrheit dürfte es ein Mehrfaches sein, viele Geldgeber wollen sich aus Scham oder Angst vor dem Finanzamt nicht äußern.
Den Einen erzählte er von einer geplanten Klinik in München, Anderen von Honoraren für Schönheits-OPs am thailändischen Königshaus, Dritten davon, dass er den Erfinder der Modebrause „Red Bull“ als Patienten behandelte. Vierten lockte er das Geld aus der Tasche, indem er ihnen im Münchner Edelhotel „Vier Jahreszeiten“ zwei Chinesen präsentierte, die gerade eine Infusion bekamen. Wo das nicht half, zeigte er falsche Bankunterlagen, die den Geldgebern vormachten, er habe als Sicherheiten Millionenvermögen zu bieten.
Gerichtsvollzieher und Geldeintreiber
Auch manche seiner Angestellten fühlten sich betrogen. Die mussten zusehen, wie er auf Partys mit der Münchner Schickeria oder in Würzburg mit vollen Händen das Geld ausgab – sie jedoch auf ihre Löhne warten ließ. Ein bei ihm angestellter Zahnarzt hat über 35 000 Euro zu bekommen. Er berichtet: Während der Verschönerer mit Plänen für eine Münchner Klinik Geldgeber lockte, sei in der Würzburger Praxis schon der Strom abgedreht worden. Gerichtsvollzieher und Geldeintreiber hätten sich die Tür in die Hand gegeben. Dieser Redaktion liegen Aussagen vor, dass es in der Praxis Kontakte des Arztes mit Rotlicht-Größen und einem zwielichtigen Göttinger Finanzjongleur gegeben habe.
Zeuge weigert sich zu erscheinen
Der erfolgreichste Coup gelang dem Arzt in Geldnöten bei einem Liechtensteiner Treuhänder. Der förderte mit dem Doktor in einer Stiftung junge Musiker wie die ehrgeizige Tochter des Finanzexperten.
Ihm täuschte der Angeklagte Guthaben von 16 Millionen auf einer Bank in Hongkong und 4,6 Millionen in Würzburg vor. Also überwies ihm der Liechtensteiner – der ihm schon 1,5 Millionen Euro gegeben hatte – weitere zwei Millionen auf eine Bank in Kuala Lumpur, Malaysia.
Der Liechtensteiner ist Hauptbelastungszeuge und Problem für das Gericht: Er weigert sich, als Zeuge in Würzburg zu erscheinen. Der Treuhänder aus der Steueroase will sich nur aus der Ferne per Videokamera befragen lassen. Dagegen protestiert die Verteidigung: Aber „wir können ihn nicht herprügeln,“ sagt der Vorsitzende Reinhold Emmert.
Der Prozess wird fortgesetzt.