Ein idyllischer Ort im Landkreis Würzburg, schöne Häuser, viel Natur. Christiane M. und Kilian L. leben gern hier. Und im Sommer 2017 haben sie sich "einen Traum erfüllt" und sich drei Alpakas gekauft, kleine, aus den südamerikanischen Anden stammende Kamele. Aber die Freude währte nicht lange. Schuld daran sei ein Nachbar, erzählt Kilian L. Der Mann habe einen Schäferhund, den er nicht beschäftige, den er nicht ausführe - und der die Alpakas nicht leiden könne. Aber auch dieser Mann lebt gerne in dem Dorf.
L. berichtet von einem Vorfall Ende Mai. Wie immer habe er seine Tiere abends an ihren Halftern von ihrer Koppel in sein Grundstück gebracht. Plötzlich sei der Schäferhund des Nachbarn auf die Kamele zugestürmt, habe die Stute und einen Hengst schwer, den zweiten Hengst leicht verletzt. Der angetrunkene Hundebesitzer sei erst nach einer ganzen Weile aus seinem Haus gekommen und habe versucht, sein Tier einzufangen.
2000 Euro habe er beim Tierarzt gelassen, sagt Kilian L. Der Hundehalter habe zwar versprochen, für den Schaden aufzukommen. Aber bis heute habe er keinen Cent gezahlt.
Knieverletzung erlitten
Auch der Alpaka-Besitzer hat den Vorfall nicht unbeschadet überstanden. Bei dem Versuch, die Kamele zu schützen, habe er sich eine Knieverletzung zugezogen, die habe "operiert werden müssen", sagt er. Dreieinhalb Monate sei er "im Krankenstand" gewesen.
Der 56-Jährige stellte Strafantrag wegen Körperverletzung gegen den Besitzer des Schäferhundes. Das sei ihn nicht leicht gefallen, sagt er. "Der Mann braucht Hilfe. Es sieht so aus, als entgleite ihm sein Leben". Auch der Hund tut L. leid. "Das Tier steht immer hechelnd am Fenster und beobachtet unsere Alpakas. Der Mann beschäftigt den Hund nicht und lässt ihn nur raus, damit er sein Geschäft in dem nicht eingezäunten Garten verrichtet."
Weil die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Hundehalter eingestellt hat, schalteten L. und seine Lebensgefährtin den Bürgermeister ein, die Gemeinde, das Landratsamt, die Polizei. Dort wurde man aktiv. Nach Angaben des Bürgermeisters hat die zuständige Verwaltungsgemeinschaft den Hundebesitzer verpflichtet, sein Grundstück einzuzäunen. Eine erste Frist hat der Mann verstreichen lassen. Die zweite ist noch nicht abgelaufen. Außerdem gilt für den Hund, wie für alle Hunde über 50 Zentimeter Schulterhöhe, im Dorf ein Leinenzwang. "Veterinäramt und Polizei" seien "aufgrund anderer Sachverhalte gelegentlich angemeldet und unangemeldet vor Ort", teilte die Verwaltungsgemeinschaft auf Anfrage mit.
Verwaltung zahlt Hunde-Wesenstest
Die Verwaltungsgemeinschaft hat für den Hund auch einen Wesenstest angeordnet, der in der Regel zwischen 200 und 500 Euro kostet. Den hat der Besitzer zwar durchführen lassen. Allerdings hat er ihn nicht bezahlt, weshalb der Sachverständige ihm das Ergebnis nicht aushändigte. Nun ist die Verwaltung eingesprungen. "Um sicher zu stellen, dass keine Gefahr von dem Hund ausgeht, wurde auf Verwaltungsebene entschieden, den Test zu bezahlen und ihn dem Hundehalter in Rechnung zu stellen", sagt der Kämmerer auf Anfrage.
Hund "nicht ausgelastet"
Der Sachverständige erkannte bei dem Hund keine Anzeichen "für eine gesteigerte Aggression gegenüber Menschen und Tieren" und charakterisiert ihn als "menschenfreundlich". Allerdings habe das Tier einen "ausgeprägten Jagdtrieb" und sei "hektisch, nicht ausgelastet und schnell aufgeregt". Sein Rat: Der Hund sollte ein bis zwei Mal wöchentlich eine Hundeschule besuchen, damit er unter anderem Bewegung, Beschäftigung und Sozialkontakt habe. "Aber der Mann besucht mit dem Tier keine Hundeschule", sagt Kilian L.
"Anordnungen nachgekommen"
Laut Landratsamt gibt es seit Juni einen "tierschutzrechtlichen Anordnungsbescheid". So habe der Hundehalter "Aufzeichnungsverpflichtungen über einen festgelegten Zeitraum" gehabt; "tierschutzrechtlichen Anordnungen" sei er "nachgekommen". Mitarbeiter des Veterinäramts hätten "Vor-Ort-Kontrollen der Hundehaltung" vorgenommen.
Trotzdem: L. und seine Lebensgefährtin fühlen sich von den Ämtern "allein gelassen". Sie haben Angst vor dem Hund, er tue ihnen Leid, sagen sie und sie wünschten sich, dass er ein Zuhause hätte, "wo man seinen Bedürfnissen gerecht wird".
Keine Fragen beantwortet
Der Halter des Schäferhundes war für die Redaktion nur über ein soziales Netzwerk zu erreichen. Fragen beantwortete er nicht. Er teilte nur mit, dass sein Garten "ein Paradies für Hunde" sei. Er habe "seit 30 Jahren Schäferhunde" und wisse, "wie man damit umgeht". Er gehe jeden Morgen Gassi, er trainiere das Tier und fahre mit ihm "ins Badische", damit es "ordnungsgemäß Freilauf" habe. Was die Probleme mit den Behörden angeht, so behauptet der Mann: "Mit der Gemeinde, der Polizei und so weiter ist alles geklärt". Von Kilian L. sagt er, der Nachbar sei "durchgeknallt" und "nur auf Krawall aus".