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Würzburg: Ein Zeuge des Jahrhunderts

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    Kinderarzt mit Leib und Seele: Das Archivbild zeigt Harald Zoepffel beim Besuch einer Kindergartengruppe in seiner Praxis Ende der 1970er Jahre.
    Kinderarzt mit Leib und Seele: Das Archivbild zeigt Harald Zoepffel beim Besuch einer Kindergartengruppe in seiner Praxis Ende der 1970er Jahre. Foto: Archivfoto Heussner

    Als seine Eltern sich 1920 in der Hofstraße als Kinderarzt und -ärztin niederließen, war gerade der Erste Weltkrieg zu Ende gegangen. Heute führt Tochter Gabi Lieb die Praxis in dritter Generation. Dazwischen liegt ein Jahrhundert bewegter Würzburger Geschichte.

    Den größten Teil davon hat Harald Zoepffel miterlebt, der am vergangenen Wochenende im Alter von 92 Jahren verstorben ist. In der geräumigen Praxisklinik ist er gewissermaßen schon mit Kinderlärm und Stethoskop aufgewachsen. Dass die "Doktersch" rund um die Uhr verfügbar waren – auch und gerade am Heiligabend, hat er in der eigenen Familie hautnah miterlebt und als "Kinderarzt der alten Schule" noch selbst so praktiziert.

    Zoepffel initiierte die "Samstagsvisiten"

    Seinen Eltern war zu verdanken, dass das 1924 auf dem Mönchberg gegründete Säuglingsheim sich zu einer Kinderklinik entwickelte, die seine Mutter bis zu ihrer Pensionierung als Chefärztin leitete. Hier und in der Praxis wurden unzählige Kinderkrankenschwestern und Kinderarzthelferinnen, aber auch junge Kinderärzte und Allgemeinpraktiker ausgebildet und durch die Familie Zoepffel geprägt.

    Nach dem Studium in Würzburg, Bonn und Berlin und Weiterbildung übernahm Harald Zoepffel die Praxis 1963 und führte sie bis zur Übergabe 1999. Technischen Neuerungen stand er aufgeschlossen gegenüber und setzte sich als Pionier für Ultraschalluntersuchungen der Säuglingshüfte ein, um gegebenenfalls früh eingreifen zu können. Zur Kinderklinik bestand stets ein vertrauensvolles Verhältnis – die von ihm initiierten beliebten "Samstagsvisiten" der Niedergelassenen wurden bald zur Tradition.

    Erinnerungen an das "alte" Würzburg am Leben erhalten

    Als "Würzburger Urgestein" und leidenschaftlicher Gesellschaftsmensch war er nicht nur lange Präsident der Würzburger Herrengesellschaft "Colonne 10416", sondern auch alter Herr des Corps Moenania, Mitglied im Reitverein, Kegelverein, Golfclub, in der Schützengesellschaft, in der "Alte-Doktersch-Runde" und vielen privaten Zirkeln. Der Abschied von seinem Jagdrevier in Lindelbach fiel ihm nicht leicht, doch auch in den letzten Jahren, als sein Aktionsradius nach einem Unfall stark eingeschränkt war, ließ er es sich nicht nehmen, nach Möglichkeit am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Neben dem großen Freundes- und Bekanntenkreis ließen es Kinder, Enkel und inzwischen auch lebhafte Urenkel um ihn nie einsam werden.

    Das alte, unzerstörte Würzburg, dem er ein Leben lang nachtrauerte, hat er noch mit allen seinen liebenswürdigen Details miterlebt und versuchte, die Erinnerung daran an jüngere Generationen weiterzugeben. Durch einen Glücksfall waren Farbdias der heute unwiederbringlich verlorenen Stadt, die sein Vater aufgenommen hatte, im Steinbachtal unversehrt geblieben: Sie wurden von ihm in einem Bildband veröffentlicht und mit Erinnerungen kommentiert.

    So ist mit Harald Zoepffel ein weiterer engagierter Zeitzeuge gegangen, der Bombardierung und Wiederaufbau erlebt hat und davon berichten konnte.

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