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„Eine der schwierigsten Abwägungen“

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„Eine der schwierigsten Abwägungen“

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    würzburg Woran erkennt ein Psychiater, ob ein Patient für sich selbst oder andere eine Gefahr ist? Diese und andere Fragen zum schwierigen Thema Unterbringung beantwortet Professor Martin Krupinski, Leiter der Abteilung für Forensische Psychiatrie an der Universitätsklinik Würzburg.

    Frage: Unter welchen Voraussetzungen kann man jemanden, der sich psychisch auffällig verhält, auch gegen seinen Willen stationär in ein Krankenhaus einweisen?

    Martin Krupinski: Prinzipiell kommt so eine Situation eher selten vor. Nur cirka zehn Prozent der Patienten in der Psychiatrie sind vorübergehend zwangsweise untergebracht. Häufig handelt es sich dabei um hilflose Personen, die an Demenzen wie der Alzheimer-Erkrankung leiden und unter Betreuung stehen. Dann stellt der Betreuer beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Unterbringung. Ansonsten werden Menschen, wenn von ihnen eine akute Gefahr für sich oder andere ausgeht, meist von der Polizei gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik gebracht. Am besten ist aber, wenn es gelingt, sie zu überzeugen, freiwillig in die Klinik zu gehen.

    Ein besonders großes Gefährdungspotenzial scheint von Menschen auszugehen, die Psychosen haben und gleichzeitig Drogen oder Alkohol missbrauchen. Wie geht man mit Menschen in dieser Situation um?

    Krupinski: Das ist in der Tat ein schwieriges Problem. Denn diese Patienten haben oft schwere akute Erkrankungen wie Schizophrenien oder Manien, die unter anderen den Realitätsbezug einschränken. Oft sind sie nicht behandlungsbereit. Wenn die Situation akut gefährlich ist, bringt sie die Polizei in die Psychiatrie.

    Wer entscheidet dann, ob der Betroffene vorübergehend seiner Freiheit beraubt wird?

    Krupinski: Das entscheidet ein Gericht unter Berücksichtigung der ärztlichen Einschätzung. Die persönliche Freiheit darf nur in einer konkreten akuten Gefahrensituation eingeschränkt werden, wenn es keine Alternative zur stationären Unterbringung gibt. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn eine ambulante Behandlung nicht mehr genügt.

    Woran erkennt ein Psychiater das?

    Krupinski: Diese Abklärung ist eine der schwierigsten, die Psychiater im Dienste der Gesellschaft leisten müssen. Mit einer gründlichen Untersuchung versuchen sie die Gefahr von Selbsttötungen, aber auch von Gewalthandlungen abzuschätzen. Wie konkret sind Hinweise auf einen möglichen Suizid? Hört er Stimmen oder hat er andere Halluzinationen? Im Großteil der Fälle gelingt diese Einschätzung gut. Wenn aber Patienten nicht preisgeben, was sie beschäftigt, wird es schwierig.

    Und wenn die Psychose abgeklungen ist und der Patient findet, dass es ihm wieder gut geht und verspricht, er werde keine Drogen mehr nehmen?

    Krupinski: Man muss ihn wieder gehen lassen, wenn die akute Gefahr abgeklungen ist, auch wenn die Ärzte annehmen, dass er bald wieder Drogen nehmen wird.

    Gibt es dann genügend Möglichkeiten, in denen solche Patienten ambulant weiter betreut werden?

    Krupinski: Die psychiatrische Versorgung ist hier besser als in vielen anderen Ländern. Allerdings erreicht sie häufig nicht die problematische Gruppe von Menschen mit Psychosen und gleichzeitigen Suchtproblemen, die oft nicht behandlungsbereit sind und wenig mit Ärzten kooperieren.

    Die brauchen unsere besondere Aufmerksamkeit, weil diese Patienten neben einer größeren Gefahr für sich selbst auch manchmal eine erhöhte Gefährdung für andere darstellen. Es wird deshalb geforscht, wie das verbessert werden kann.
    Lesen Sie zu diesem Thema auch den Artikel: Kritik an Gesundheitsamt: Psychisch Kranken nicht untersucht
    Ein Ansatz ist, dass man Hilfen öfter und direkter anbietet, zum Beispiel durch regelmäßige Hausbesuche.

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