Julia Schneider wohnt in Seckach, einem Odenwaldort, der etwa 80 Kilometer von Würzburg entfernt liegt. Ihre Zwillinge brachte sie Ende Juni in Würzburg zur Welt. Viel zu früh wurden die Mädchen geboren: „In der 31. Schwangerschaftswoche.“ Dass Julia Schneider die Babys jeden Tag sehen und mit ihrer eigenen Milch füttern kann, hat sie dem Verein „Interessengemeinschaft zur Förderung der Kinder der Würzburger Intensivstation“ (KIWI) zu verdanken: Seit der Geburt lebt sie in einer KIWI-Wohnung.
25 Jahre ist der Verein heuer alt. Gegründet wurde er laut Vorsitzender Ina Schmolke aus jener Not heraus, in der sich auch Julia Schneider befindet: „Eltern von auswärts, deren Kinder auf der Intensivstation liegen, benötigten dringend Räume, wo sie während des Aufenthalts in der Universitätsklinik wohnen konnten.“
Kurz nach der Vereinsgründung mietete KIWI erste Räume in der städtischen „Villa Kunterbunt“ neben der Universitätskinderklinik an. Inzwischen verfügt der Verein über drei Elternwohnungen mit insgesamt sieben Zimmern. In Hochzeiten leben dort zehn Mütter oder Elternpaare, deren Kinder aufgrund einer Frühgeburt, einer schweren Krankheit oder nach einem Unfall in der Klinik der Uni Würzburg behandelt werden. Rund 12 000 Euro investiert KIWI jedes Jahr in die Elternwohnungen.
Julia Schneiders Babys sind auf einem guten Weg, sie haben beste Chance, sich trotz Frühgeburt zu ganz normalen Kindern zu entwickeln. Das sah zwischendurch auch mal anders aus, es traten leichte Komplikationen auf: „Da hatte ich kurzzeitig ein ganz schönes Tief.“ In dieser Situation sei es sehr gut gewesen, in der Elternwohnung andere Mütter und Väter getroffen zu haben, die sich ebenfalls um ihre Kinder auf der Intensivstation sorgten. Oder die Mut machen konnten. Sie erzählten, wie kompetent sie die Kinderärzte der Uniklinik erlebt hätten. Dass dort wirklich alles für die Kleinen getan werde. Das macht zuversichtlich.
Silke Orfs Zwillinge kamen ebenfalls zu früh auf die Welt: „In der 29. Schwangerschaftswoche.“ Die Geburt war aufgrund eines sogenannten Zwillingstransfusionssyndroms kompliziert. Dabei bestehen Gefäßverbindungen zwischen den beiden heranwachsenden Babys im Mutterleib. Ist der Blutfluss in diesen Verbindungen ungleichmäßig, was bei Orfs Zwillingen der Fall war, wird ein Fötus schlechter mit Blut versorgt, der andere erhält zu viel Blut.
Auch Orf, die aus Hausen in der Rhön stammt, bangte um ihre Kleinen. Für sie war es ebenfalls ein Segen, in die „Villa Kunterbunt“ einziehen zu können. Von dort aus geht sie jeden Tag zu ihren Kindern, denen es zum Glück stetig besser geht.
Der Verein KIWI unterstützt die Eltern nicht nur dadurch, dass er Elternwohnungen kostenlos zur Verfügung gestellt. „Derzeit geben wir außerdem Geld für eine Seelsorgerin, eine Kunsttherapeutin und eine Krankenschwester, die einzelne Eltern nach der Zeit auf der Intensivstation nachbetreut“, erzählt Susanne Mott, Schatzmeisterin des Vereins.
Das Engagement bedeutet, dass in jedem Monat um die 3000 Euro aufgebracht werden müssen – rein durch freiwillige Zuwendungen. Diese Summe durch Kleinstspenden einzuwerben, wäre nicht möglich, Spenden sind aber immer willkommen. Haupteinnahmequelle ist ein jährlich vom Unternehmen Edeka veranstaltetes Fußballturnier namens „KIWI-Cup“. Edeka und Kupsch stellen außerdem Spendendosen in ihren Supermärkten auf, zusätzlich gibt es eine jährliche Kuchenverkaufsaktion der Märkte zugunsten von KIWI. So werden jedes Jahr mindestens 30 000 Euro in die Vereinskasse gespült.
Julia Schneider und Silke Orf sind begeistert von dem, was KIWI für Eltern in einer äußerst schwierigen Situation tut. „Ich wurde rundum gut aufgefangen“, sagt Orf. Sie war dankbar, in der Kinderklinik verständnisvolle Krankenschwestern und sogar eine Seelsorgerin gefunden zu haben. Das half ihr, den Mut nicht zu verlieren: „Ich hätte wirklich nicht gewusst, wie es mit mir weitergegangen wäre, wenn etwas mit den Kindern passiert wäre.“