Es ist selten geworden, dass Autohäuser nach Jahrzehnten noch in Familienhand sind. Fahrzeug Rüthlein gibt es bereits in vierter Generation. Georg Popp, seit 1985 Geschäftsführer, erinnert sich gerne an den Firmengründer, seinen Urgroßvater. "Recht unternehmungslustig" und selbstbewusst müsse der 24-jährige Georg Rüthlein gewesen sein, als er sich nach Gesellenzeit und Wanderjahren in Nürnberg, Essen, Leipzig, Berlin und Halle in der Heimat einen Laden einrichtete.
Mit Fahrradreparaturen fing der Mechaniker an. Bald gab es die neuen Modelle bei Rüthlein in der Burkarderstraße auch zu kaufen. Seine Frau Gretchen, die der Amateur-Rennfahrer 1904 geheiratet hatte, half mit ihrem Verdienst als Schneiderin beim Aufbau der Werkstatt mit.
Zu den Fahrrädern kamen Nähmaschinen dazu - und 1910 zogen die Rüthleins mit ihrer kleinen Firma in die Zeller Straße 8. Kaum war nach dem Ersten Weltkrieg die schlimmste Inflation überstanden, erwarb der geschäftstüchtige Würzburger ein Anwesen direkt an der Alten Mainbrücke. Das Geschäft - heute serviert dort der Brückenbäck Kaffee - wurde zum Stammhaus von Fahrzeug Rüthlein.
Es blieb nicht bei Fahrrädern und Nähmaschinen. Tochter Margarete und Schwiegersohn Hans Popp bauten das elterliche Geschäft weiter aus. Sachs-Motorräder und Tempo-Lieferwagen konnten die Würzburger bei Rüthlein erwerben, dann kamen die ersten Citroëns dazu.
In den heutigen Verkaufsräumen in der Nürnberger Straße verweisen schmucke Oldtimer auf die lange Familientradition. Aus jedem Jahrzehnt behalten die Autohändler ein besonders schönes, beliebtes Modell. Die jüngeren stehen, sagt Georg Popp, mangels Platz im Keller.
Ausgebrannte Fahrzeuge
Nach dem Zweiten Weltkrieg - das Wohn- und Geschäftshaus an der Alten Mainbrücke und die Werkstatt in der Kasernenstraße hatten die Bomben des englischen Luftgeschwaders dem Erdboden gleich gemacht - hatte Fahrzeug Rüthlein wieder klein angefangen, hatte ausgebrannte Fahrzeuge repariert und Gebrauchsgüter aus Wehrmachtsbeständen verkauft.
Die Liebe zum Automobil wurde in der Familie weitergetragen. Georg Rüthleins Enkel Alfons erkämpfte sich die Sondererlaubnis, schon mit 14 Jahren nach bestandener Prüfung. Als Alfons Popp 1950 in die Firma eintrat, bewährte er sich mit dem Bau einer modernen Pkw- und Lkw-Werkstatt an der Nürnberger Straße. An die Beerdigung des Urgroßvaters 1963 erinnert sich Georg Popp noch heute - es war der Tag des Kennedy-Mordes.
Das Lkw-Geschäft hat das Unternehmen 1995 aufgegeben, dazu kam der Peugeot-Vertrieb dazu. "Früher hat man noch in Zehnjahres-Schritten gedacht, heute sind wir mehr am Tagen über politische Dinge als übers Tagesgeschäft", sagt Popp, der seit 15 Jahren im Citroën-Händlerbeirat sitzt. Das Jubiläumsjahr will er mit einer Reihe von Aktionen feiern. Im Frühjahr, wenn Citroën zwei neue Modelle herausbringt, steht die offizielle Feier mit ViPs und OB an.
Auf die Vergangenheit ist der Unternehmer stolz, um die Zukunft ist ihm nicht bang. Der Sohn "will ins Geschäft" und auch eine der beiden Töchter, die gerade Abitur macht, will doch nicht mehr Lehrerin werden, sondern lieber BWL studieren. Ganz im Geschäftssinne des Ururgroßvaters.