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WÜRZBURG: Einer, der die Sprache neu gewann

WÜRZBURG

Einer, der die Sprache neu gewann

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    Jubilar Erich Rieger (stehend), und (von links) der frühere städtische Sozialreferent Peter Motsch, der Geschäftsführer des Aphasikerzentrums Unterfranken Thomas Hupp und Fördervereinsvorsitzender Dieter Gekle.
    Jubilar Erich Rieger (stehend), und (von links) der frühere städtische Sozialreferent Peter Motsch, der Geschäftsführer des Aphasikerzentrums Unterfranken Thomas Hupp und Fördervereinsvorsitzender Dieter Gekle. Foto: Foto: Th. Müller

    Wenn ein Aphasiker mal eben mit seiner Krankheit – der Sprachlosigkeit aufgrund einer Hirnkrankheit oder eines Unfalls – kokettiert und damit seinem Gegenüber und anderen Gästen kurz einen Schrecken einjagt, dann kann dieser Betroffene Erich Rieger heißen. Er ist der Gründer des Zentrums für Aphasie und Schlaganfall Unterfranken und Vorsitzender des Bundesverbandes für die Rehabilitation der Aphasiker. Und er versteht Spaß.

    Zu Ehren Riegers waren im Aphasikerzentrum in der Grombühler Robert-Koch-Straße hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter und Freunde zusammengekommen, um seinen 80. Geburtstag und außerdem die Ehrenmitgliedschaft Riegers im Förderverein, der „Gesellschaft für Aphasie und Schlaganfall Unterfranken“, zu feiern. Die Ehrung verlieh der Vorsitzende der Gesellschaft, Professor Dieter Gekle und überreichte eine Urkunde.

    Es wurde ein buntes Programm mit viel Wiedersehensfreude und Herzlichkeit derjenigen, die Rieger ein Stück auf seinem Weg begleitet hatten. Der frühere städtische Sozialreferent Peter Motsch gehört zu ihnen. Er kennt Rieger seit Jahrzehnten und schwelgte in Erinnerungen, die bald zu einer kleinen Lobrede heranwuchsen. Die Reaktion des Jubilars war eine kurze Pause und dann die scheinbar ernst gemeinte Frage: „Waren wir per Du oder per Sie?“, denn zum Krankheitsbild der Aphasie gehören oft Erinnerungslücken, selbst die Gestik von Betroffenen kann sich verändert haben. Nach der Schrecksekunde erfüllte Lachen den Saal.

    Der promovierte Jurist Erich Rieger erlitt als 37-Jähriger nach einem Reitunfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit komplettem Sprachverlust (Aphasie). Mit der Diagnose, nie wieder sprechen zu können, wollte er sich allerdings nicht abfinden.

    Aufgrund damals mangelnder Angebote im Bereich Selbsthilfe und Therapie gründet er 1981 die erste Aphasiker-Selbsthilfegruppe in Würzburg und im weiteren Verlauf das Zentrum für Aphasie & Schlaganfall Unterfranken, das sich seit nunmehr über 25 Jahren für die Interessen von Betroffenen und Angehörigen in ganz Unterfranken einsetzt. Heute beraten und helfen hier hauptamtliche Mitarbeiter Aphasikern und Schlaganfallpatienten und ihren Angehörigen.,

    Rieger hat schon viele Auszeichnungen erhalten wie das Bundesverdienstkreuz, er traf mit Bundeskanzlern und Bundespräsidenten zusammen, resümierte Geschäftsführer Thomas Hupp, Rieger sei sehr einfühlsam, aber auch „ein Mann mit Ecken und Kanten“, hartnäckig, penetrant und stur, was das Beschaffen von Fördermitteln anbelangt – so aber auch „ein Menschenfänger“. Zu seinem Geburtstag am 28. September hatte Rieger um Spenden für das Zentrum gebeten. Seit mehr als 30 Jahren habe sich Rieger um die Aphasiebewegung verdient gemacht und ein Netz der Hilfe geschaffen, wird dem Jubilar in der Urkunde bestätigt. Für Farbe sorgte dann die Malgruppe, die dem Jubilar einen selbst bemalten kunterbunten Paravent vermachte.

    Das tröstete Rieger ein klein wenig darüber hinweg, dass nun wieder ein neues Lebens-Jahrzehnt begonnen hat. Seine einstige Sprachlosigkeit erahnt heute nur noch, wer konzentriert darauf achtet.

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