Sobald Carolin Haber das Wort ergreift, kleben ihr die 16 Kinder und jungen Erwachsenen förmlich an den Lippen. Die gebürtige Lohrerin nimmt sich von ihrem Rollstuhl aus Pfeil und Bogen. In ihrer aktiven Zeit hat sie es als Carolin Ott bis zur Weltmeisterin im Para-Bogensport und zu den Paralympics 2000 in Sydney geschafft. Jetzt erläutert sie im Detail, auf was es bei diesem Sport ankommt. Die Gruppe befindet sich auf dem idyllisch gelegenen Schießplatz der Bogenschützen Oberdürrbach. Er ist einer von mehreren Stationen während der inklusiven Kinder- und Jugendsportwoche unter dem Dach des Bayerischen Versehrtensports (BVS).
"Rund zehn Jahre waren wir in den Pfingstferien in unserem Haus in Unterjoch im Allgäu. Nun musste es geschlossen werden. Daher wollten wir in diesem Jahr mal in den Norden Bayern fahren und sind in Würzburg gelandet", erklärt Tino Höbold, der stellvertretende Vorsitzende des BVS-Jugendverbandes, während die ersten Pfeile in Richtung der etwa acht Meter entfernten Auflage zischen.
Eine Zielscheibe ist nicht aufgebracht. "Das würde die Bogenschützen nur ablenken. Erst müssen die Abläufe sitzen", weiß Gastgeber Edgar Scheiner. Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Gerhard Endres hilft er den Jugendlichen, mit dem Equipment klar zu kommen. Die Beiden sind übrigens auch Versehrtensportler. Haber, die der Liebe wegen mittlerweile im Süden Baden-Württembergs lebt, bekräftigt: "Bogenschießen ist einer der wenigen Sportarten, die Behinderte und Nicht-Behinderte ohne Probleme gemeinsam ausüben können." Das demonstrieren die Sportler nebenan eindrucksvoll. In Reih und Glied stehen oder sitzen sie vor den schwarzen Zielfeldern, spannen die Sehnen und lassen fast gleichzeitig los.
Knapp die Hälfte der Sportler ist gehandicapt: im Rollstuhl sitzend, halbseitig gelähmt oder mit dem Downsyndrom zur Welt gekommen. Der Rest sind Geschwister oder Freunde. Im Prinzip kann an der immer an Pfingsten stattfindenden inklusiven Sportwoche jeder Heranwachsende teilnehmen. Zusammen mit ihren Betreuern verbringen sie in diesem Jahr erstmals ein paar sportliche Tage in Unterfranken – mit einem ambitioniertem Programm.
"Der Spaß soll im Vordergrund stehen, aber die Gruppe wird auch gefordert. Wir machen klassische Sportarten wie Bogenschießen und Basketball, probieren aber auch Neues aus wie Fechten, Frisbee oder Minigolf", berichtet Haber. Und auch ein bunter Grillabend darf in der Jugendbildungsstätte Unterfranken auf dem Heuchelhof nicht fehlen.