In den Besitz von Haas, der als Heimatpfleger für den Altlandkreis Ochsenfurt zuständig ist, kam die nach seinen Angaben „extrem seltene“ Militaria-Sammlung über seinen Vater, den Bildhauer Philipp Haas (1901-1986). Dieser gehörte im Krieg zum Wachpersonal des Dulag West (Durchgangslager West) bei Oberursel im Taunus, wo über dem Reichsgebiet abgeschossene britische Flugzeugbesatzungen erfasst, verhört, neu eingekleidet und dann auf Sammellager verteilt wurden.
Die Neueinkleidung des fliegenden Personals war Herbert Haas zufolge notwendig, weil die Uniformen mit Ausbruchs-, Flucht- und Orientierungshilfen für den Fall eines Abschusses und einer Gefangennahme gespickt waren. In seiner Jugend dienten die Sachen Haas als Spielzeug, im Laufe der Zeit wurde manches davon weggeworfen. Erst später erkannte er deren Sammlerwert.
Wichtige Ergänzung
In Stadtarchiv-Leiter Dr. Ulrich Wagner hat Haas nun einen dankbaren Adressaten für seine Sammlung gefunden. Diese sei eine „schöne und wichtige Ergänzung“ der vorhandenen Archivalien zum 16. März 1945. Was Haas auf Wagners Tisch ausbreitete, dürfte von der heutigen Generation noch selten jemand zu Gesicht bekommen haben – außer vielleicht in James-Bond-Filmen.
Bewaffnet waren die Bomber-Besatzungen mit einem Dolch oder Stilett und mit einem großen Taschenmesser mit einem etwa zehn Zentimeter langen Stahldorn zum Aushebeln von Steinen und für Tür-Durchbrüche. In den Aussteifungen der Achselklappen verbargen sich in Wachspapier gehüllte Eisensägen zur Beseitigung von Gittern.
„Sehr variationsreich waren die Kompasse“, berichtete Haas. In allen Größen habe es diese gegeben, und immer seien sie mit Leuchtfarbe beschichtet gewesen, um die nächtliche Orientierung zu ermöglichen, da die Briten ihre Luftangriffe auf deutsche Städte im Gegensatz zu den Amerikanern nachts flogen.
„Zur exakten Marschziel-Anpeilung dienten handgroße Exemplare mit Visierschlitz und Richtungszahlen von 1 bis 36“, erläuterte Haas. Auch Hosenknöpfe, die abgetrennt und aufeinander gesetzt wurden, ergaben einen Kompass, wie der Heimatpfleger zeigte. Ein weiterer kleiner Kompass befand sich in den aufschraubbaren Mantelknöpfen, und unter der Lackierung der Kragenknöpfe kam ebenfalls ein Kompass ans Licht. Wenn man den Kopf einer Tabakspfeife abschraubte, fand man zudem einen Pendelkompass.
Eine weitere Rarität ist eine Landkarte aus beidseitig bedrucktem Stoff. Wie Haas erklärte, verwandelten sich in Wasser getauchte Taschentücher in farbige 73 mal 73 Zentimeter große Landkarten. Kleiderfutter konnten ebenfalls zu Landkarten umgewandelt werden.
Neben einer stählernen Armbanduhr findet sich in der Sammlung außerdem eine Art Trillerpfeife, mit der sich Soldaten nach einem nächtlichen Fallschirm-Absprung ihren Kameraden hörbar machen konnten.