An diesem Sonntag, 13. März, wird Pfarrerin Jutta Müller-Schnur im Gottesdienst englisch sprechen. Nicht, weil plötzlich Feuerzungen über sie kämen. Die fremdsprachige Feier folgt einem langfristig angelegten Konzept.
An der Deutschhauskirche im Mainviertel geht es recht international zu. Hier sind eine lettische und eine koreanische Gemeinde zu Gast. Zur Deutschhaus-Gemeinde gehört außerdem die Erlöserkirche in der Zellerau. Hier wiederum genießt eine Gemeinde von Sinti-Baptisten Gastrecht.
Vor diesem Hintergrund kam die Idee eines englischsprachigen Gottesdiensts auf. Sie entwickelte sich aus einem Arbeitskreis des Kirchenvorstands. Hier dachte ein Team um Pfarrer Gerhard Zellfelder über die Positionierung ihrer Gemeinde in einer, so Zellfelder „zunehmend multikulturellen Gesellschaft“ nach. Seit einem Jahr geht es dem Kreis um „Konzept und Leitbild einer interkulturellen Kirche“. Der „Sunday Evening Service in English“ ist ein Niederschlag dieser Überlegungen.
Müller-Schnur kommt ebenfalls gastweise in die Deutschhaus-Kirche. Sie ist Seelsorgerin in St. Johannis. Zuvor stand sie im Dienst der anglikanischen Kirche in England.
Die Zielgruppe spricht Pfarrer Gerhard Zellfelder in seiner Einladung an: „Gleich, ob Sie sich als Christen verstehen oder einfach nur neugierig darauf sind, was der christliche Glaube zu sagen hat.“ Der Termin richtet sich „an alle, die Freude daran habe einen Gottesdienst in englischer Sprache zu feiern“. Eingeladen wurde besonders über die Studentengemeinde und einige deutsch-ausländischen Gesellschaften.
Den Studierenden der Universitätsstadt verdankt die Deutschhauskirche im Wesentlichen ihre koreanische Gemeinde. Denn sehr viele junge Asiaten lernen an der Musikhochschule. Daher auch die Besonderheit der Koreaner in Würzburgs evangelischer Kirche: Sie bilden zusammen einen professionellen Chor. Der zieht denn auch immer wieder alteingesessene Gemeindemitglieder in den koreanischen Gottesdienst, zu dem bis vor kurzem ein Pfarrer aus Frankfurt a. M. angereist ist - und meist im barocken evangelischen Pfarrhaus im Mainviertel übernachtet hat. Nach einem Wechsel auf der Pfarrstelle kümmern sich nun zwei koreanische Geistliche, einander ergänzend, um die Gemeinde.
Langdauernde Gastfreundschaft
Während die Ostasiaten erst seit rund 20 Jahren in dem gotischen Gotteshaus gastieren, gehen die Kontakte zu den Lettländern auf die unmittelbare Nachkriegszeit zurück. Rund 5000 Expatriierte aus dem kleinen baltischen Land lebten 1945 in einem Würzburger Lager. Von ihnen blieben genug für eine eigenständige evangelische lettische Gemeinde in der Domstadt. Sie wird vier- bis fünfmal im Jahr von Erzbischof in Ruhe Elmar Rozitis besucht, der bis zu seiner Pensionierung vor einem Jahr vom schwäbischen Esslingen aus alle lettischen Auslandsgemeinden – bis hin nach Australien – betreut hat. Um die lettischen Evangelischen in Deutschland kümmert er sich weiterhin, neben ihm ist aber auch Pfarrer Zellfelder seelsorgerischer Ansprechpartner. Umgekehrt wird Rozitis am Palmsonntag im regulären Deutschhaus-Gottesdienst predigen.
Die Größe der ausländischen Gemeinden schwanken. Einige Jahre lang sind sie so groß, dass sie eigene Kindergottesdienste abhalten, dann ziehen wieder Familien fort. Gegenwärtig wächst eine kleine chinesischsprachige Gemeinde unter dem Schirm der koreanischen. Und kürzlich erfuhr Zellfelder, dass man bald auch auf Japaner in Würzburg zugehen wolle.
Die Landeskirche hat die vielfältigen interkulturellen Aktivitäten bereits gewürdigt. München entsendet einen äthiopischen Theologen an die Deutschhauskirche. Mulugeta Giragn Aga wird hier ab 14. März ein einjähriges Spezialvikariat absolvieren.
Teilweise ist es schwierig, den Raumbedarf aller Beteiligten zu befriedigen. Aber laut Pfarrer Zellfelder trägt die Gemeinde solche Belastungen mit. Der Kirchenvorstand jedenfalls empfinde die Begegnung mit den anderen Kulturen als Bereicherung und Selbstvergewisserung: „Die gemeinsame Basis ist der Glaube an Jesus Christus. Das Evangelium geht um die Welt.“
Premiere für den englischsprachigen Gottesdienst in Deutschhaus ist an diesem Sonntag, 13. März, 19 Uhr. Weitere Termine sind am 8. Mai und 3. Juli vorgesehen.