Als im letzten Jahr Hollywood mit einem riesigen Filmteam und Stars wie Orlando Bloom, Mila Jovovich und Christoph Walz in Würzburg einfiel, um hier Teile des 3D-Blockbusters „Die drei Musketiere“ zu drehen, sorgte dies für ein riesiges Medienecho und mobilisierte tausende Würzburger. Was nur wenige wissen: Schon 1951 wählte ein Hollywood-Regisseur Würzburg als Kulisse für einen Film: Anatole Litvak drehte hier Teile von „Legion der Verdammten“, der später den Titel „Entscheidung vor Morgengrauen“ erhielt. Mitwirkende waren unter anderem Oskar Werner, Hildegard Knef und O.E. Hasse. In einer seiner ersten Mini-Filmrollen ist auch der 15-jährige Klaus Kinski zu erleben.
Als der Hollywood-Filmtross 1951/52 an Original-Schauplätzen in München, Nürnberg, Würzburg und Mannheim drehen wollte, gab es immer wieder Probleme mit Behörden und Politikern. Im Booklet zur DVD, die im vergangen Jahr bei Winkler Film erschien, steht beispielsweise zu lesen: „Der Arbeitstitel des Films 'Legion der Verdammten' erschreckte einige Politiker. Hier werde ein antideutscher Film gedreht, der sogar so weit gehe 'die Bombardierung dieser schönen deutschen Stadt zu rechtfertigen', beschwerte sich der Würzburger Bürgermeister bei der bayerischen Staatsregierung.“
Hollywood zahlte an Würzburg
Und der bekannte deutsche Regisseur Dominik Graf, der die DVD im Januar in der FAZ besprach, schrieb: „Der Würzburger Bürgermeister bangte um den Ruf seiner Stadt und erwog, die Dreharbeiten zu verbieten. Am Ende gab aber die Zahlkraft der US-Produzenten den Ausschlag, um Anatole Litvak sein Werk so drehen zu lassen, wie er es sich vorstellte.“ Litvak wollte nämlich nur an Orten drehen, an denen die Zerstörungen des Krieges auch sichtbar waren.
In der Tat war die Geschichte des Films geeignet, nur wenige Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges für Aufregung zu sorgen. Der Krieg befindet sich im Spätherbst 1944 in seinem Endstadium. Als Gefangener der Amerikaner meldet sich der deutsche Soldat Karl Maurer, genannt „Happy“, freiwillig , um den Amerikanern im Kampf gegen die noch übrig gebliebenen Nazis zu helfen. Kurz: Er wird ein Spion, um den Krieg zu verkürzen. Es ist ein Verrat aus Gewissensgründen, wurde er doch im Lager Zeuge, wie ein Kamerad von einem geheimen Gestapo-Tribunal umgebracht wurde. Gemeinsam mit einem anderen Gefangenen und einem Armee-Geheimdienstler springt „Happy“ mit dem Fallschirm hinter den deutschen Linien ab, wo er Informationen über deutsche Truppen sammeln soll, die den Vormarsch der Amerikaner aufhalten könnten.
Sein Weg führt ihn auch nach Würzburg, wo eine wenige Minuten dauernde Sequenz des Films spielt. Hier erfährt er, dass auf der Festung, in der sich ein Lazarett befindet, sein Vater als Arzt tätig ist. Von der gegenüberliegenden Mainseite aus ruft er ihn an und hört am Telefon die real gar nicht weit entfernte Stimme des Vaters. Ohne mit ihm zu sprechen legt er wieder auf. Diese Szene spielt an der Alten Mainbrücke mit Blick auf die Festung und ist die einzige im Film, in der für ein paar Augenblicke Eindrücke des zerstörten Würzburg zu sehen sind. So kurz der Ausschnitt auch ist, so eindrucksvoll führt er vor Augen, wie Würzburg vom 16. März 1945 betroffen war.
Kontroverse Diskussionen
Als „Entscheidung vor Morgengrauen“ in den 50er Jahren ins Kino kam, wurde der Film durchaus kontrovers diskutiert. Der „Spiegel“ widmete ihm 1950 und 1952 zwei Artikel. Im ersten ging es überwiegend um den Regisseur Litvak und dessen „authenticity-Tick“, den Film nur an Originalschauplätzen und mit möglichst vielen Originalrequisiten zu drehen. Im zweiten Artikel wurde die Frage diskutiert, ob der aktive Landesverrat gegen ein Terror-Regime, wie er in dem Film dargestellt wird, berechtigt ist oder verurteilt werden muss.
Auch in Würzburg wurde der Film mehrfach gezeigt, berichtete auf Anfrage Walter Stock, der langjährige Leiter des Filmseminars in der Volkshochschule. In den 50er Jahren lief er im Kino, später im VHS-Filmseminar und auch beim Internationalen Filmwochenende.
Die DVD „Entscheidung vor Morgengrauen“ ist 2010 erschienen. Der Film war nach seinem Erscheinen 1952 für den Oscar nominiert. Nähere Informationen unter www.winklerfilm.de