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Würzburg: Er trug einen berühmten Namen: Albrecht Mendelssohn Bartholdy – Jurist, Pazifist, Musiker

Würzburg

Er trug einen berühmten Namen: Albrecht Mendelssohn Bartholdy – Jurist, Pazifist, Musiker

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    Albrecht Mendelssohn Bartholdy als Student.
    Albrecht Mendelssohn Bartholdy als Student. Foto: Universität Hamburg, Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

    Die deutschjüdische Familie Mendelssohn ist bekannt für ihre berühmten Künstlerinnen und Künstler, Gelehrte und Bankiers, vor allem für den Aufklärer Moses Mendelssohn (1729-1786), der durch sein Wirken die Distanz und Diskriminierung zwischen den Juden und den Christen in Deutschland überwinden half, für Fanny Hensel und ihren Bruder Felix Mendelssohn, die als Musiker und Komponisten brillierten. An diesen Vorfahren orientierte sich Albrecht Mendelssohn Bartholdy (1874-1936), der von 1905 bis 1920 in Würzburg lehrte, als Rechtswissenschaftler mit dem Schwerpunkt Völkerrecht und Begründer der deutschen Politikwissenschaft. Gerade in seinen Würzburger Jahren schuf der Wissenschaftler die Grundlagen für seine Spezialgebiete, unter anderem durch zehn Reisen nach Großbritannien.

    Albrecht war Enkel von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), Ururenkel von Moses Mendelssohn und war stolz auf seine Familie. Aufgewachsen in Karlsruhe studierte er Jura in Leipzig bei seinem Onkel, dem bekannten Juristen Adolf Wach. Seit 1905 arbeitete er als Außerordentlicher Professor in Leipzig, wechselte aber im gleichen Jahr nach Würzburg für die Fächer Zivilprozess und Bürgerliches Recht, erweiterte jedoch seine Kompetenz hin zum internationalen und Völkerrecht und zur Friedensforschung. Er bewohnte eine Villa in der Randersackerer Straße, in deren Garten sich eine barocke Gartenvilla befindet. Diese Gartenvilla wurde vermutlich von Joseph Greising Stil des Huttenschlösschens geplant. Sie blieb im Komplex der "Frankonia" nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten und sollte mit einer ehrenden Plakette für Albrecht versehen werden.

    Die barocke Gartenvilla, vermutlich erbaut von Joseph Greising (Archivbild von 2023). 
    Die barocke Gartenvilla, vermutlich erbaut von Joseph Greising (Archivbild von 2023).  Foto: Patty Varasano

    Mendelssohn Bartholdy war auch Mitbegründer der Würzburger Volkshochschule

    Albrecht Mendelssohn Bartholdy war jedoch sehr vielseitig. Bereits als Schüler erhielt er den Fichte-Preis, veröffentlichte als junger Jurist einen Gedichtband, schrieb Theaterstücke und Operntexte, spielte in Konzerten als Pianist, als Solist oder Begleiter und kümmerte sich besonders ums Musik- und Kulturleben in der Bischofsstadt am Main. So gehörte er zu den Gründern der Würzburger Volkskonzerte, in denen bedeutende Musiker mit anspruchsvollen Werken auftraten. Durch niedrige Eintrittspreise konnte ein breiteres Publikum als nur das Bildungsbürgertum angesprochen werden. Die Gründung des Mainfränkischen Musikfestes 1914 hat im musikalischen Leben der Stadt wegen des Ersten Weltkriegs keine stärkere Spur hinterlassen.

    Er hat auch die Volkshochschule 1919 mit seinem Freund und Kollegen Piloty gegründet als eine demokratische Bildungseinrichtung für Erwachsene. Nach dem Tod seines Freundes Max Reger führte er sechs Max-Reger-Gedächtniskonzerte in Würzburg durch. Er vertonte gerne spätromantische Gedichte und verschenkte sie an Frauen und Freunde als persönliche Gabe. Aber auch politisch zeigte sich Albrecht als eigenständig, denn er unterstützte die politische Emanzipation der Frauen, d.h. zunächst einmal die Erringung des Wahlrechts. Er förderte auch die junge Würzburger Studentin Magdalene Schoch als erste juristische Doktorandin um Deutschen Reich. Sie wurde seine Assistentin und enge Vertraute in Hamburg. 2015 benannte die Stadt Würzburg eine Straße am Hubland nach ihr.

    Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs fand das beschauliche Provinzleben ein Ende. Wie die meisten Deutschen glaubte Albrecht Mendelssohn Bartholdy der deutschen Propaganda, dass Deutschland Opfer der alliierten Verschwörung und des Überfalls von Russland sei. Im Oktober 1914 unterzeichnete er mit rund 3000 Professoren die "Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches", die sich besonders gegen England richtete, das die brutale deutsche Kriegsführung in Belgien kritisiert hatte. Doch ab 1916/17 veränderte er seine Einstellung und arbeitete in verschiedenen pazifistischen Gruppen und Organisationen für einen möglichst baldigen Verständigungsfrieden, der jedoch politisch in Deutschland nicht durchgesetzt werden konnte. Mehr und mehr zeigte er die verheerenden Folgen des modernen Kriegs auf.

    Albrecht Mendelssohn Bartholdy (rechts) auf der Überfahrt nach New York, links Mitarbeiter Alfred Vagts.
    Albrecht Mendelssohn Bartholdy (rechts) auf der Überfahrt nach New York, links Mitarbeiter Alfred Vagts. Foto: Universität Hamburg, Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

    In Hamburg wurde er Begründer der Politologie

    Nach der Revolution setzte sich Albrecht Mendelssohn Bartholdy für die junge demokratische Republik ein und gehörte zur Delegation bei den Friedensverhandlungen von Versailles. Wie die Regierung und die Delegation wandte er sich gegen die alliierte These von der alleinigen deutschen Kriegsschuld. In diesem Kontext wurde er Mitherausgeber von 40 Bänden internationaler Politik von 1871 bis 1914.

    Seit 1920 in Hamburg wurde er zum Begründer der Politologie als neuer, eigenständiger Wissenschaft und der internationalen Beziehungen. Hier baute er ein Institut für internationale Beziehungen auf, war in verschiedensten Gremien und Organisationen tätig und legte zusammen mit Magdalene Schoch die Grundlagen für die Kooperation mit US-Universitäten und -Einrichtungen. 1933 wurde er als jüdischer, demokratischer und pazifistischer Wissenschaftler zwangsentlassen und starb 1936 im britischen Exil in Oxford.

    Mit Leben und Werk dieses vielseitigen und engagierten Juristen, besonders in seiner Würzburger Zeit, setzt sich der Vortrag von Stadtheimatpfleger Dr. Hans Steidle am Sonntag, 3. November, um 19.30 Uhr, im Shalom Europa (Valentin-Becker-Str. 11) auseinander. Albrecht Mendelssohn Bartholdys spätromantische Lieder trägt Silke Evers vor. Adelheid von Schwerin informiert über den Weinberg Mendelssohns in Randersacker. Eintritt 5 Euro.

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