Die Angeklagte selbst wollte zu den Vorwürfen lieber nichts sagen: "Ich bin viel zu aufgeregt, mein Mann kann das auch viel besser erklären", teilte sie der Richterin mit. Also blieb es ihrem Ehemann vorbehalten, für Aufklärung zu sorgen: "Meine Frau hat nicht betrogen, sie war in einem schweren Gewissenskonflikt", behauptete der 56-Jährige. Anfang der neunziger Jahre war er nach erfolgreichen "geschäftlichen Unternehmungen" mehrfacher Millionär, berichtete der ehemalige Soldat und Vermögensberater. Schuld daran, dass es später finanziell schnell bergab ging, seien Fehler des Finanzamts und ein betrügerischer Geschäftspartner gewesen. Als das Vermögen weg war und der 56-Jährige wegen einer Erkrankung nicht mehr arbeiten konnte, "waren wir Anfang 2000 gezwungen, Antrag auf Sozialhilfe zu stellen".
Strafbar gemacht hat sich seine Frau drei Jahre später, als die Bedarfsgemeinschaft einen Folgeantrag beim Sozialamt stellte. Mittlerweile hatte sie nämlich von ihrem Vater mehr als 50 000 Euro geerbt, dieses neue Vermögen beim Antrag aber nicht angegeben. Weil der Verstorbene sich mit dem Ehemann seiner Tochter nicht sonderlich gut verstand, sollte der von dem Erbe nichts erfahren. So stand es in dem Nottestament, das der Vater zwei Tage vor seinem Tod verfasst hatte. "Das Geld war hauptsächlich für die Ausbildung unseres Sohnes bestimmt", so der Ehemann.
Weil er glaubhaft machen konnte, dass er von dem Erbe nichts wusste, wurde ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt, nur seine Ehefrau wurde wegen Sozialhilfebetrug angeklagt. "Sie war von ihrem despotischen Vater zu absolutem Gehorsam erzogen, sein letzter Wille war für sie maßgebend", erklärte der Ehemann. Aus diesem Grund habe seine Frau das Geld gewinnbringend angelegt und nicht nur der Familie, sondern auch dem Sozialamt verschwiegen.
Erst bei einem Datenabgleich kamen die Zinszahlungen an den Tag. Nach den Berechnungen des Sozialamts hat die Bedarfsgemeinschaft bis Ende 2005 rund 16 500 Euro Sozialhilfe zu viel erhalten. Der Betrag wurde zurückgefordert, gezahlt hat die Familie bis jetzt aber keinen Cent. "Weil wir bei meinen Berechnungen einige tausend Euro weniger zurückzahlen müssen", sagte der Ehemann.
Trotz des hohen Schadens blieb der Angeklagten, die den Lebensunterhalt der Familie derzeit von den Resten der Erbschaft bestreitet, eine Freiheitsstrafe erspart. Sie wurde wegen Betrug zu 180 Tagessätzen à 20 Euro Geldstrafe verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.