Als "Würzburgs Mann in Caen" bezeichnete der frühere OB Jürgen Weber oft Erich Oetheimer, einen gebürtigen Würzburger, den Wegbereiter der Partnerschaft zwischen beiden Städten. Der langjährige Uni-Präsident Prof. Theodor Berchem betonte, dass Erich Oetheimer der erste Deutsche war, der nach dem Zweiten Weltkrieg an der heutigen Partnerhochschule der Universität Würzburg lehrt. Jetzt ist Erich Oetheimer mit 95 Jahren in Maderno am Gardasee, seinem Alterssitz, gestorben.
Nur selten erzählte Erich Oetheimer von seiner Ankunft in Caen im Herbst 1957. Mit Fahrrad und kleinem Köfferchen fährt er die 160Kilometer von Le Mans nach Caen, mit vielen Gedanken und Angst. Wie würde man ihn empfangen, zwölf Jahre nach dem Krieg und totaler Zerstörung der Stadt, nach vier Jahren deutscher Besatzung?
Am 1. November 1957 beginnt er als Lektor an der Universität. Louis Guinet, sein Chef und Dekan Lebois geben dem jungen Deutschen eine große Chance: Einen Vortrag, mit dem sich die am 1. Juni 1957 eingeweihte neue Uni zur Stadt öffnet, darf Erich Oetheimer halten, der die Stadt am Main mit Lichtbildern vorstellt. Sofort erkennen die Zuhörer die ähnlichen Merkmale beider Städte, viele Kirchen und Türme, Festung und Residenz, Regionalzentrums-Funktionen mit Uni – und die fast totale Zerstörung: Caen am 6. Juni 1944, Würzburg am 16. März 1945.
Verbunden durch ein gemeinsames Schicksal
Nach Oetheimers Vortrag will man eine Französisch-Deutsche Gesellschaft in Caen gründen. 1000 Einladungen wurden verschickt, 27 Bürger kommen. Eine heftige Debatte entbrennt, wie sich Oetheimer erinnert: Den einen ist es (noch) zu früh, andere drängen, die "Association Caennaise pour la Connaissance de l’Allemagne" (ACCA) zu gründen. Oetheimers Chef Guinet entscheidet im April 1959: "Wir machen das jetzt – ein gemeinsames Schicksal verbindet uns."
Da der junge Deutsche als Ausländer nur Geschäftsführer werden kann, übernimmt Guinet den Vorsitz. Oetheimer organisiert die erste Bürgerreise, vermittelt der Künstlerin Yvonne Guégan zwei Ausstellungen im Falkenhaus, die Deutsch-Französische Gesellschaft Würzburg (DFG) bricht im April 1961 zur Bürgerreise nach Caen auf. Am 13. Mai 1962 wird die Jumelage Caen-Würzburg im Wappensaal des Rathauses von Würzburg feierlich besiegelt.
Zahlreiche Auszeichnungen erhalten
An der Uni Caen zwischen 1957 und 1995 stellte Oetheimer gerne Würzburg-Bezüge her, mit Texten von Leonhard Frank, Karl Hochmuth oder Würzburger Tageszeitungen. Immer wieder bringt er Fremdsprachen- und Ingenieurstudenten zu Seminaren nach Würzburg. Vielen Generationen Caennaiser Studenten verschafft er konkreten Eindrücke von Deutschland und der Partnerstadt Würzburg. Dankbar war Oetheimer für die Unterstützung durch Firmen wie die WVV, durch Lehrkräfte und Dozenten sowie die Deutsch-Französische Gesellschaft (DFG), die ihn 2008 zum Ehrenmitglied macht. Auch im Rathaus der Stadt Würzburg fand Oetheimer immer offene Türen.
Das Wirken von Erich Oetheimer, der sich mit zunehmendem Alter eher als "Großvater" der Partnerschaft Würzburg-Caen sah, würdigten zahlreiche Auszeichnungen: Bundesverdienstkreuz (1984), Partnerschaftsmedaille der Stadt Würzburg (1990), Verdienstmedaille der Stadt Caen (2012), Ehrenmitglied der DFG (2008) und Ehrenbürger der Universität Würzburg (2018).