Der Unfall auf dem historischen Segelschiff „Amicitia“ im Ijsselmeer hatte am 21. August für viel Aufsehen gesorgt. Drei Menschen wurden nach Polizeiangaben dabei getötet: ein 43-jähriger Bankangestellter aus Neubrunn (Lkr. Würzburg), ein 48-Jähriger aus Mölsheim (Rheinland-Pfalz) und ein 19-Jähriger aus Schiffweiler (Saarland).
Die niederländischen Experten halten sich über die Ursache des Unfalls bedeckt. „Unsere Untersuchung ist im Gange. So lange die noch nicht abgeschlossen ist, werden wir dazu nichts sagen,“ sagten sie jetzt der Tageszeitung „Telegraaf“. Die holländischen Unfallexperten rechnen damit, dass sie Ergebnisse zur Unfall-Ursache erst im Sommer 2017 präsentieren können.
Allerdings liegt nach Informationen unserer Redaktion ein brisanter Zwischenbricht parallel ermittelnder deutscher Unfallforscher vor, der seit Dienstag in den Niederlanden für Aufregung sorgt. Danach war das Schiff technisch in einem bedenklichen Zustand.
Ergebnisse erst 2017
Zuständig ist die Deutschland die Bundesstelle für Seeunfall-Untersuchungen (BSU) in Hamburg. Hier wird unter der Nummer 315/16 eine Voruntersuchung zu dem Fall des getöteten Mannes aus Unterfranken geführt, die als „sehr schwerer Seeunfall“ geführt wird.
Die 24 Meter lange und 4,80 Meter breite "Amicitia" war 1889 als Frachtsegler gebaut und vor allem für Biertransporte eingesetzt worden. Mittlerweile wird das Schiff, das über sieben Zweibettkabinen verfügt, von dem Unternehmen Wadcharter in Leeuwarden für Touren auf dem Ijsselmeer verchartert. Von dem Unternehmen waren zunächst keine Auskünfte zu dem Zwischenfall erhältlich.
In dem Bericht der Unfallforscher, der unserer Redaktion inzwischen vorliegt, heißt es: „Es herrschte wenig Wind und fast kein Seegang, als gegen 13.50 Uhr vor der Hafeneinfahrt von Harlingen der vordere Mast brach. Der obere 5,90 Meter lange Teil des Mastes , die 5,70 Meter lange Gaffel sowie die Wanten, Stagen und das Großsegel stürzten ohne Vorwarnung auf das Vorschiff. Drei deutsche Fahrgäste, die sich allein auf dem Vorschiff aufhielten, hatten keine Chance Schutz zu suchen und wurden von den herabstürzenden Teilen getötet.“
Nicht fachgerechte Reparatur
Laut BSU brach der Mast in einer Höhe von 12,5 Metern. Die Experten vermerken, dass am unteren Rand der Bruchstelle eine Metallplatte aufgeschraubt war. Darunter seien zuvor „offenbar nicht fachgerechte und nicht einsehbare Reparaturen am Mast durchgeführt“ worden. Die Folge: Am Bruchpunkt habe der Mast nur noch ein Viertel seiner Festigkeit gehabt, „der Kern war morsch und feucht“.
Die BSU betont in ihrem von Direktor Volker Schellhammer unterzeichneten Bericht, dies hätte auch bei Schiffen in deutschen Hoheitsgewässern passieren können. Sie gibt deshalb – ohne ein Endergebnis der Untersuchung vorweg nehmen zu wollen – eine Sicherheits-Warnung an Eigner und Betreiber von ähnlich gebauten Charter-Segelschiffen heraus, deren Masten zu überprüfen.
Was dies für strafrechtliche Ermittlungen oder zivilrechtliche Ansprüche der Geschädigten heißt, ist noch unklar. Paul van Ommen, Direktor des Berufsverbandes Chartervaart, war durch den Zwischenbericht der BSU schockiert. Er hatte sich laut niederländischen Medien aber eine Kooperation beider Untersuchungsstellen gewünscht.