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WÜRZBURG: Erschütterung im Bündnis für Zivilcourage

WÜRZBURG

Erschütterung im Bündnis für Zivilcourage

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    „Scheiß Ausländer“ hat der Mann in der Straßenbahn gesagt und dass er Frauen hasse, die ein Kopftuch tragen. Vor ihm saß Hayrunnisa C., die ein Kopftuch trug. Sie fühlte sich alleine gelassen von den anderen Straßenbahnpassagieren. Niemand rief den Mann zur Raison. Dann schlug er sie.

    Geschehen ist das am 24. Juni 2005. Es ist die Gründungsgeschichte des Bündnisses für Zivilcourage. Über 70 Organisationen sind es heute, die erklären, sich „für eine offene und tolerante Gesellschaft und gegen Diskriminierung jeder Art“ einzusetzen.

    Beängstigende politische Entwicklung in den vergangenen Jahren

    Eigentlich müsste es sich „Notgemeinschaft für Demokratie“ nennen, meinte Harald Ebert, ein Sprecher des Bündnisses, während der Vollversammlung in dieser Woche. Beängstigend sei die politische Entwicklung in den vergangenen Jahren, Errungenschaften der Demokratie würden in Frage gestellt.

    Etwa 25 Bündnispartner, vor allem aus dem kirchlichen Bereich, waren gekommen, und keiner widersprach. Ihre Bilanz: Die sprachliche Verrohung in den sozialen Netzwerken ist in den Parlamenten angekommen. Menschenfeindliche Äußerungen, die vor Jahren noch einen Aufschrei des Entsetzens hervorgerufen hätten, sind Normalität geworden. Die Aussicht: Bald werde den Rassisten egal sein, öffentlich Rassisten genannt zu werden, weil moralische Kategorien verloren gegangen sind.

    Völkisches Gedankengut ist kein Untergrundphänomen

    Burkhard Hose, katholischer Studentenpfarrer, ebenfalls Bündnissprecher und Ziel dutzender Drohungen aus dem rechten Spektrum, berichtete von seinen Eindrücken vom vergangenen AfD-Parteitag. Nicht für möglich gehalten habe er, dass das Ausgrenzen von Minderheiten und völkisches Gedankengut so identitätsbildend für diese Partei seien. Deren Weltsicht sei „längst kein Untergrundphänomen mehr“.

    Ebert, Lutz-Simon und Hose sind die Köpfe und Vordenker des Bündnisses. Sie stellten der Versammlung Fragen, die ihre Erschütterung zeigen: Bildet das Bündnis mit seinen Vorstellungen von der Würde und der Gleichwertigkeit der Menschen noch die Mehrheitsgesellschaft ab? Welchen Beitrag zur Demokratie leistet es, welchen Beitrag sollte es leisten? Ist es noch das Bündnis auch derer, die Diskriminierung erleben?

    Ein Austausch von Ratlosigkeit

    Eine Diskussion war es nicht, was auf die Fragen folgte, eher ein nachdenklicher Austausch von Ratlosigkeit. Wie kann das Bündnis die Diskriminierung von Minderheiten benennen, ohne die Betroffenen in einer Minderheitenrolle festzuschreiben? Wie kann es der Flut menschen- und demokratiefeindlicher Äußerungen in den sozialen Netzwerken, auf der Straße und in den Parlamenten entgegentreten? Wie kann es sich organisieren, um effektiver zu werden?

    Ergebnisse fanden die Bündnispartner noch keine. Die Diskussion soll im kommenden Jahr geführt werden. Dann soll sich das lose Bündnis nach den Vorstellungen seiner Sprecher auch als Verein konstituieren, um stabiler und schlagkräftiger zu werden.

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