„Ein lockeres Handgelenk ist sehr wichtig.“
Der zwölfjährige Till Nachwuchs-Jongleur
Wir schreiben das Jahr 13027. Autos fahren längst nicht mehr auf der Straße. Sie fliegen. Wer eben mal ans Meer möchte, beamt sich in Sekundenschnelle dorthin. „Und für Essen haben die Leute keine Zeit mehr“, sagt Jule, die seit Montag am Ferienprojekt des Circus Wirbelwind teilnimmt: „Sie schlucken nur noch Pillen.“ Die wiederum werden von einer Maschine ausgespuckt, die Jule bei der großen Zirkusshow am Wochenende mimt.
25 Jahre
Seit 25 Jahren macht der Circus Wirbelwind Kindern und Jugendlichen aus dem Würzburger Landkreis Lust auf Kunststückchen in der Manege. Der Name „Wirbelwind“ entstand in den ersten Jahren in Rottendorf, als ein Sturm durch die Zelte fegte und diese teilweise einlegte. Seitdem trägt das Projekt den Namen „Circus Wirbelwind“.
Zwei Camps werden heuer angeboten. Jeweils 38 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 16 Jahren trainieren in dieser und in der kommenden Woche auf dem Bolzplatz in Kürnach. Eine Woche ohne Handy, Nintendo oder andere Medien ist in der heutigen Zeit sicher eine Herausforderung für die Kinder und Jugendlichen, die sie aber gerne in Kauf nehmen.
Roter Faden
Jedes Camp erarbeitet sich das Motto ganz eigenständig. „?Stadt der Zukunft? lautet es“, verrät die 10-jährige Johanna, die sich in der „PDG“, der „Programmdurchführungsgruppe“, engagiert.
Die Gruppe schaut, dass alle Kunststückchen durch das Motto als roter Faden miteinander verbunden werden. Das erfordert eine ganze Menge Grips. Die Drahtseilakte zum Beispiel üben auf die Bewohnerinnen und Bewohner der Zukunftsstadt eine nahezu magische Wirkung aus. „Die Leute sind völlig hektisch“, erklärt Johanna: „Sie rennen die ganze Zeit herum.“ Plötzlich sehen sie wagemutige Kunststückchen auf dem Drahtseil: „Da sind sie so fasziniert, dass sie ganz ruhig stehen bleiben.“
Fliegende Bauteile
Auch Monas Diabolo-Jonglage zeigt eine Facette aus dem Alltagsleben der Zukunftsstadt. „Die Diabolos sind Bauteile für Fahrzeuge“, erklärt die Zwölfjährige. Fliegende Bauteile? Wer braucht denn so was? Ach so, natürlich – die Autos fliegen ja auch! Sind sie kaputt, werden sie flugs mit dem, was da durch die Luft wirbelt, repariert.
Auch Häuser werden nicht mehr mühsam Stein auf Stein gebaut. „Man drückt am Computer auf einen Knopf, dann setzt sich das Haus aus Bausteinen zusammen“, erläutert Jael. „Kadagio“ nennen sich die akrobatischen Hebefiguren, mit denen dieser Aspekt der Zukunftsstadt dargestellt wird.
Wobei Menschen aus der Zukunftsstadt nicht zwangsläufig auf der Erde wohnen. Manche ziehen es vor, den Mars zu bevölkern. Mit ihren Balancetricks auf der Laufkugel wird Louisa einen kleinen Eindruck vom Dasein auf diesem Planeten geben.
Elf Zirkustrainer
Manche Kunststücke schauen richtig gefährlich aus. Zum Beispiel das Jonglieren mit brennenden Fackeln oder das Fakirspiel mit dem Feuer. Aber gerade, dass es ein bisschen gefährlich ist, macht den Kitzel aus, meinen die Kinder. Letztlich kann nicht viel passieren. Denn den kleinen Artisten stehen ausgebuffte Zirkusprofis zur Seite. Allen voran Zirkusdirektor Lui Böhler alias Herr Lui sowie Peter Baumann alias Clown Batschu. Neun weitere Zirkustrainer und Betreuer sorgen dafür, dass sich die angehenden Manegenstars im Zirkuscamp Tag und Nacht rundum wohlfühlen.
Nur wer sich wohlfühlt, bringt auch so tolle Kunststücke zustande wie der Zwölfjährige Till.
Der ist ein richtig guter Jongleur, eine Menge Figuren hat er sich draufgeschafft. „Ein lockeres Handgelenk ist sehr wichtig“, sagt er. Außerdem sollte man sich möglichst nicht an den Stäben anhauen, wenn man mit Fackeln jongliert: „Das kann schmerzhaft sein.“
Wiederholungstäter
Till ist inzwischen ein alter Zirkushase, zum dritten Mal ist er dabei. Nicht der einzige. „Nur 14 nehmen heuer neu an unserem ersten Camp teil.“ Auch die werden höchstwahrscheinlich wiederkommen, so großen Spaß macht es, sich eine Woche lang in einer Manege zu tummeln, in Zelten zu schlafen, echten Clowns zu begegnen und so manche Angst zu überwinden. „Ich fürchte mich ein bisschen vor Saltos beim Trampolin“, bekennt die 12-jährige Jule. Macht nichts. Dafür ist sie sehr mutig, wenn es darum geht, Pyramiden zu bauen.
Die Show
Die Show „Stadt der Zukunft“ ist am Samstag um 19 Uhr sowie am Sonntag um 14 Uhr zu sehen. Am 3. und 4. September treten die Kinder und Jugendlichen von Camp 2 auf. Karten gibt es an der Zirkuskasse. Kinder zahlen 5 (mit Ferienpass 4 Euro), Erwachsene 6 Euro Eintritt.
Circus Wirbelwind Vor 25 Jahren das erste Projekt dieser Art in Unterfranken, damals „Circus Luna“ genannt. Viele weitere Projekte sind aus diesem Projekt entstanden, z.B. an verschiedenen Schulen im Landkreis. Der Name „Wirbelwind“ entstand in den ersten Jahren in Rottendorf, als ein Sturm durch die Zelte fegte und diese teilweise einlegte. Seitdem trägt das Projekt den Namen „Circus Wirbelwind“. Seit vielen Jahren ist „Herr Lui“ mit seinem Team Partner bei Durchführung und pädagogischer Leitung dieses Projektes. Die Kinder erarbeiten Moderation, Kunststücke, Kulissen selbst und stellen so ein vielseitiges Programm auf die Beine, welches sie selbstbewusst in zwei öffentlichen Vorstellungen präsentieren. Eine Woche ohne Handy, Nintendo oder andere Medien ist in der heutigen Zeit sicher eine Herausforderung für die Kinder und Jugendlichen, die sie aber gerne in Kauf nehmen. Das Projekt fördert neben den jeweiligen persönlichen, sportlichen und kreativen Fähigkeiten auch Gemeinschaft und Zusammenhalt untereinander. Viele Jugendlichen kommen schon seit Jahren immer in dasselbe Camp, um Freunde wieder zu treffen. Das Projekt erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit, auch in diesem Jahr waren die beiden Camps wieder schnell ausgebucht, manche Kinder mussten auf die Warteliste. Informationen: Melanie Kuhn, Kommunale Jugendpflegerin, Landratsamt Würzburg, Besucheradresse: Friesstraße 5, Tel. (09 31) 8003 – 297, E-Mail: m.kuhn2@lra-wue.bayern.de; www.landkreis-wuerzburg.de