(epd) Es gibt keine bessere Form der Entwicklungshilfe als kleine Projekte örtlicher Partnerschaftsgruppen. Diese Bilanz zieht der UN-Gesundheitsexperte Rainer Rosenbaum nach 30-jähriger Tätigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit. Rosenbaum spricht an diesem Freitag beim Theologischen Abend zum Reformationstag in der Würzburger St.-Stephans-Kirche.
Der in Würzburg und Mexiko lebende Arzt war als Regierungsberater auf fast allen Kontinenten im Einsatz, traf mit Papst Johannes Paul II und Fidel Castro zusammen, kennt die Elendsviertel südamerikanischer Metropolen ebenso wie das diplomatische Parkett. Nach ernüchternden Erfahrungen mit Großorganisationen plädiert er für Hilfsprojekte „von Mensch zu Mensch.“
Langjähriger Repräsentant des UN-Bevölkerungsfonds, Beauftragter der staatlichen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Mitarbeiter der kirchlichen Dienste in Übersee, Teilnehmer an über 200 internationalen Konferenzen – der 63-Jährige gehört zu den international anerkannten Experten auf seinem Gebiet. Vor drei Jahren ließ sich bei den Vereinten Nationen aus familiären Gründen beurlauben. Dass er auf seinen Direktorenposten noch einmal zurückkehrt, hält er für unwahrscheinlich.
Bescheidener Mann
Aufgewachsen in einem protestantischen Würzburger Elternhaus, Posaunenbläser im CVJM, Studium in Würzburg, Salamanca und Heidelberg, Promotion „Magna Cum Laude, Tropenmedizin in Hamburg, Baltimore, Berlin? „Ich möchte eigentlich nicht über mich reden“, wirft er ein.
Der bescheiden auftretende Mann ist mit einer in Mexiko lebenden Bolivianerin verheiratet und Vater zweier Kinder. Fast die Hälfte seines Lebens hat er in Lateinamerika verbracht. Ab 2000 leitete er in Bratislava das UN-Büro für Technische Zusammenarbeit in Osteuropa und Zentralasien.
2004 erhielt er den Auftrag, von Jordanien aus beim Wiederaufbau des Irak mitzuarbeiten. Spätestens seit dieser Zeit ist er fest davon überzeugt, dass die UN und ihre Netzwerke weitgehend von machtpolitischen Interessen beeinflusst sind und im Wesentlichen von den USA und England gesteuert werden.
Rosenbaum, dem die Freude über ein erfülltes Berufsleben anzuspüren ist, räumt freimütig ein, dass er den Glauben an die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe großer staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen verloren habe. „Die Menschen, um die es angeblich geht, bleiben fast immer unbeteiligt“.
Schon in seiner Dissertation hat der Mediziner kritisch beleuchtet, was passiert, wenn deutsche Firmen mit deutscher Entwicklungshilfe in den Anden Krankenhäuser planen, bauen und einrichten. „Die kranken Indios kamen nicht. Sie machten um die ,weißen Elefanten' und die nur spanisch sprechenden Ärzte einen weiten Bogen“.
Mit dem Geld, das größtenteils in Deutschland blieb, hätte man in vielen Andendörfern bevölkerungsnahe Gesundheitsstationen errichten können, meint er im Rückblick. Auch wenn sich in der Entwicklungszusammenarbeit inzwischen manches geändert habe, die Frage nach ihrer Effizienz stelle sich immer wieder neu.
An diesem Freitag, Reformationstag, 31. Oktober, 19.30 Uhr, ist Rainer Rosenbaum in der Würzburger Stephanskirche zu Gast. Nach seinem Vortrag „Vom Wort zur Tat – als Christ in der Dritten Welt“ besteht Gelegenheit zum Gespräch.