Ihren Koffer hat sie noch nicht ausgepackt. Die Mitbringsel liegen unberührt darin. Dafür hat Carolin Hofmann jetzt keinen Kopf. Sie muss die Bilder verdauen, die sie während ihres Thailand-Urlaubs gesehen hat. Dass die 25-jährige Erzieherin ohne einen Kratzer auf dem Sofa im Wohnzimmer ihrer Eltern sitzt, verdankt sie einer Reihe von Zufällen. Denn eigentlich hatten sie und ihre Schwester sich ja vorgenommen, am zweiten Weihnachtsfeiertag mit einem Schiff zu einer der paradiesischen Insel zu schippern. "Wir hätten dort aber übernachten müssen, deshalb haben wir's auf später verschoben", erzählt Carolin Hofmann.
Um vom Hotel aus, das direkt am Strand, nahe Krabi lag, das Land zu erkunden, waren die Urlauber auf die hoteleigenen Taxi-Boote angewiesen. Die brachten die Touristen zum Festland. "Gerade als wir ins Boot steigen wollten, wich das Wasser urplötzlich zurück", sagt Hofmann. Die Wellen wurden immer stärker, immer größer. "Die Einheimischen riefen, wir sollten weg vom Strand", erinnert sie sich. Wäre das Boot nicht zehn Minuten zu spät gekommen, hätten die Wellen es wohl auf dem Meer verschluckt.
"Was da passierte, haben wir gar nicht kapiert." Als ihr aber ein deutscher Tourist erzählt, dass er ein Erdbeben gespürt habe, sei ihr sofort klar gewesen, dass ein Tsunami kommt. Zum Glück waren sie und ihre Schwester an einer der wenigen Stellen, an der die Welle nicht mit Macht hereinbrach, "aber schon einen Strand weiter war alles zerstört".
In sengender Mittagshitze, den Rollkoffer im Schlepptau, machten sie sich schließlich auf den Weg. Im Haus einer Thai-Familie gab man ihnen Wasser. Und dort stand auch ein Fernseher. Dort sahen sie die ersten Bilder der Katastrophe. "Wir haben natürlich sofort zu Hause angerufen und Bescheid gegeben, dass es uns gut geht", erzählt Hofmann.
"Urplötzlich wich das Wasser zurück"
Carolin Hofmann | Würzburger Thai-Urlauberin
Einen Tag halfen die Würzburgerinnen in dem kleinen Provinzkrankenhaus, dolmetschten, kümmerten sich um verletzte Deutsche. Versuchten zu helfen. "Ich hatte ein schlechtes Gewissen abzureisen, aber ich war am Ende", sagt sie. Mit einem Militärflugzeug kam sie am Silvestertag - und einen Tag später auch ihre Schwester - in Köln an.
Seit Tagen meidet sie TV-Nachrichten. Sie hat einfach zu viele Bilder im Kopf, die verarbeitet werden wollen. Trotz all des Schrecklichen, das sie im Krankenhaus gesehen hat, ist sie immer noch beeindruckt von dem Zusammenhalt und der Hilfsbereitschaft. "Es war toll mit wieviel Selbstaufgabe die Thais Verletzten und Gästen geholfen haben." Carolin Hofman ist nachdenklich: "Es war so viel Fügung im Spiel. Und ich bin dankbar, dass ich verschont worden bin. Trotzdem bleibt natürlich die Frage, warum andere sterben mussten oder alles verloren haben."