„Die schäbigste Alternativrock-Party der ganzen Stadt“ fand am Freitag nicht in der Posthalle statt. Oder jedenfalls nicht so, wie sich das die rund 150 Fans von DJ Evil Jared, dem als Exhibitionisten gefeierten und verschrienen Bassisten der amerikanischen Kult-Band „Bloodhound Gang“, möglicherweise gewünscht hätten. Weder urinierte Mr. Hasselhoff – den mit David Hasselhoff keine Verwandtschaft, aber die Trinkfestigkeit verbindet – auf der Bühne, noch verzehrte er ekelerregende Insekten, noch zog er sich wie im Februar 2009 bei Stefan Raabs „TV total“ aus.
Dafür war in Würzburg das Publikum ziemlich bunt gemischt. Um 22 Uhr sollte die Rock-Crossover-Party beginnen, doch da herrschte auf der Tanzfläche noch gähnende Leere. Das sah einige Minuten später schon ganz anders aus. „Füllt sich erstaunlich schnell heute“, bemerkt Barkeeper Peter Ostenrieder. Der Vermessungs- und Geoinformatikstudent muss es wissen, denn er steht schon länger in der Posthalle hinter der Theke. Von dort hat man einen ziemlich guten Überblick. Auf zwei, drei Luftgitarrenspieler zum Beispiel, die sich zur ziemlich lauten Musik einen heftigen Contest – also Wettbewerb – liefern.
Im Hintergrund läuft auf der Bühne ein Film mit „Amerikas sensationellsten Achterbahnen“, und wenn man sich auf das Zuschauen konzentriert, kann es einem ab und zu ganz anders werden. Gelegentlich passiert es auch, dass der neugierige Reporterblick ungewohnte Bilder produziert. Wie die beiden knutschenden Heterojungs im schwarzen Rocker-Outfit, die es offensichtlich darauf anlegen, zu provozieren. Mit anderen Metal Rockern kommt man ins Gespräch. Zum Beispiel mit Konstantin Dillenz. Der Gitarrist und Sänger der Würzburger Band „Martyr“ bewirbt sich bei der Musikschule Dinkelsbühl und ist „offen für andere musikalische Einflüsse“. Bereitwillig erzählt er, wieso er heute Abend in die Posthalle gekommen ist: „Weil's cool ist. Das ist 'ne Band, die ich gerne höre“, erzählt er. „Einen bierseligen, netten Abend mit guter Musik“, das erhofft sich Dillenz.
Etwas Anderes erhofft sich von der „typischen Auffall-Party“, wie er es nennt, Mittzwanziger Shawn Casey. „Hier sind die Idioten, die Spaß haben, nackt im Kreis herumzulaufen.“ Und da hat er insofern recht, als zumindest ab und an ein stämmiger Typ mit Tattoo ohne T-Shirt auf der Tanzfläche seine Kreise zieht. Ansonsten zieht sich keiner aus. Auch Casey nicht. „Ich bin ein Band-Freak“, so beschreibt er sich: „Ich geh' einfach gerne auf Konzerte. Und ich kenne jeden Musiker in Würzburg.“ Der „Zellerauer Ghetto-Gangster“ sieht eigentlich ziemlich harmlos aus – auch wenn er sich selbst als die „unmoralische Königin von Würzburg“ bezeichnet. Um 1.30 Uhr steht Casey bei Evil Jared auf der Bühne. Der braungebrannte und muskulöse DJ im ärmellosen Muskelshirt scheint gut aufgelegt zu sein und spricht ab und an ein paar Takte mit seinem Fan. Auf der Tanzfläche, die auch um 2.30 Uhr morgens noch gut gefüllt ist, geht vor und nach Evil Jareds Rundgang die Post ab.
Nenas unverwüstlicher Klassiker „99 Luftballons“ macht allerdings musikalisch eine Ausnahme. „Meistens Alternativrock aus den 90ern und um 2000. Da war ja auch die Bloodhound Gang besonders aktiv“, bemerkt Ostenrieder. Fans hatten ihren Spaß Zumindest um Drei ist das eingetreten, was Casey prophezeit hat: „Wird wahrscheinlich gar nichts passieren“. „Aber witzig ist es hier trotzdem.“ Auch wenn Evil Jareds Auftritt nicht wirklich schäbig war – seine Fan-Community hatte bei all seinen aufgelegten Songs jedenfalls ihren Spaß.