Das Zimmer, in dem Alexander Minukov und seine Ehefrau Elvira stehen, soll einmal das Kinderzimmer des kleinen Nikita werden. Auf dem Foto lächelt der Siebenjährige. Ob hier wirklich irgendwann ein fröhlicher Nikita herumtollt, hängt vom Ausgang des laufenden Verwaltungsverfahrens ab.
„Das hätte ich nie gedacht", sagt Alexander Minukov: Dass ein Land, in dem zu wenig Kinder geboren werden, ihm solche Steine in den Weg legen würde, seine kleine Familie hier in Heidingsfeld anzusiedeln. Seit März 2005 ist der Spätaussiedler deutscher Staatsbürger, im August 2007 hatte er seine Frau Elvira, eine russische Staatsangehörige, geheiratet. Die 27-Jährige beantragte mit dem heute siebenjährigen Nikita, ihrem Sohn aus erster Ehe, ein dauerhaftes Bleiberecht.
Doch das Ausländeramt verweigert die Familienzusammenführung, weil Alexander Minukov den Unterhalt der kleinen Familie nicht selbst sichern könne. Laut Anwalt Koch bietet es lediglich an, entweder die Mutter oder ihr Kind nach Deutschland zu holen.
Minukow, der sehr gut Deutsch spricht und sich derzeit in einer weiterbildenden Maßnahme des Arbeitsamtes befindet, versteht die Welt nicht mehr. „Ich habe sogar schon an der Schule nachgefragt, wie es mit einem Platz für Nikita aussieht – jetzt wäre er im besten Alter, um schnell und leicht Deutsch zu lernen." Dass Ehefrau Elvira derzeit überhaupt bei ihrem Mann sein kann, verdanken beide lediglich dem Umstand, dass der Kleine gerade in einem Sommerlager ist und Elvira Minukov ein Besucher-Visum bekommen hat. Sobald das Sommerlager endet, wird sie wieder nach Russland zurückkehren. Wie danach alles weitergehen wird? „Wir haben so Angst, dass es nicht klappt", sagen beide. Trotzdem haben sie das Kinderzimmer frisch getüncht.
Michael Koch ist erschüttert. Die Entscheidung der Ausländerbehörde verstoße gegen grundlegende Menschenrechte, insbesondere gegen das Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie. Der Asyl- und Ausländerrechtsexperte, zugleich Vorsitzender des Freundeskreises für ausländische Flüchtlinge in Würzburg, kündigt an, gegen diese Behördenentscheidung am zuständigen Berliner Verwaltungsgericht zu klagen.
Koch ist zuversichtlich, den Prozess zu gewinnen, zumal alle anderen am Verfahren Beteiligten der Familienzusammenführung zugestimmt haben. Gegebenenfalls werde er die Stadt für die Unterbringungskosten haftbar machen, die den Minukovs entstehen, wenn das Verfahren lange dauert.
Grundsätzlich, so Koch, sei die Trennung von Mutter und Kind ein „äußerst schwerwiegender Eingriff“; der aktuelle Fall sei aber besonders hart, weil außer der Mutter niemand das Sorgerecht für den Siebenjährigen hat: Dem leiblichen Vater sei dies bereits von den russischen Behörden wegen Vernachlässigung entzogen worden, berichtet Koch. Was in Russland durchaus etwas heiße.
„Es macht mich fassungslos, wie hier die Würzburger Ausländerbehörde die Ehefrau des Deutschen zwingen will, entweder weiter von ihrem Mann getrennt zu leben oder aber sich von ihrem Kind zu trennen“, empört sich der Rechtsanwalt, der im Übrigen hofft, die Ausländerbehörde doch noch zum Einlenken bewegen zu können.
Insbesondere die lapidare Begründung des Ordnungsamtes – man habe das „schon immer so gehandhabt" – dürfte für reges Interesse am Ausgang des Falles sorgen, vermutet der Anwalt. Die Formulierung alleine rechtfertige bereits die Klage. Man könne davon ausgehen, dass die Stadt in zukünftigen ähnlich gelagerten Fällen ohne nähere Begründung wieder so entscheidet.
Nachdem die Stadt Würzburg die Main-Post-Bitte um eine Stellungnahme zum Verfahren zunächst eine Woche lang unbeantwortet ließ, teilte ein Sprecher jetzt auf erneute Nachfrage mit, zu konkreten Fragen eines laufenden Verfahren gebe man öffentlich keine Stellungnahme ab.