First Steps Award, Max-Ophüls-Preis, Bayerischer Kulturpreis, Bayerischer Filmpreis, Österreichischer Filmpreis, Kulturförderpreis der Stadt Würzburg, Berlinale. Die Liste an nationalen und internationalen Auszeichnungen für Benjamin Heisenberg ist lang. Seine Ideen-Liste für Filme ebenso.
Im Juni 1974 wurde der Filmregisseur Benjamin Heisenberg in eine erfolgreiche Familie geboren. Vater Neurobiologe Martin Heisenberg, Großvater Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg, Großonkel ist der Politiker Richard von Weizsäcker. Doch der Erfolgsdruck ist nur vermeintlich hoch. Bei den Heisenbergs ging es locker und heiter zu. „Benjamin war als Kind schon lustig und schräg.“ Seine Mutter Apollonia berichtet: „Beim Familienessen haben wir oft Späße gemacht.“ Schwierige Situationen könne man so viel leichter nehmen.
Vielleicht hat der 39-jährige gerade deshalb einen anderen Weg genommen. Zunächst Studium der Bildhauerei sowie Diplom der Bildenden Künste in München, anschließend Studium für Filmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film.
Benjamin Heisenberg erzählt: „Ich bin nicht, wie manch anderer Filmemacher, ganz früh zum Film gekommen und hab gedacht, ich muss Regisseur werden.“ Bei ihm sei das Interesse daran erst während des Kunststudiums entstanden. Ihn fasziniert an Regie und Filmemachen besonders, wie vielschichtig man in der Erzählung in Bildern und Tönen arbeiten könne. Und: „Wie viele Anteile von uns, als Zuschauer, emotional und inhaltlich angesprochen werden.“
Schlüsselerlebnis war letztlich auch der Besuch des Filmkurses der Fachhochschule in Würzburg. Jeden Dienstag ging er mit Bruder und Freunden in den fünften Stock der FHS. „Wir sahen dort bei ratterndem Projektor Filme an, die wirkliche Raritäten waren und mein Bild von Film als Kunstform nachhaltig geprägt haben.“ Ein völlig neues und beeinflussendes Erlebnis.
Auch seine eigenen Filme sind anders. Keine Blockbuster mit Millionenbudget, keine Kassenschlager. Benjamin Heisenbergs Filme sind eher Geheimtipps. Seinen Durchbruch feierte er mit „Schläfer“ und „Räuber“. Nach zwei Dramen nun aber eine Komödie.
Mit „Über-Ich und Du“ gelingt ihm mit Wortwitz und Slapstick, das nicht aus der Dose kommt, eine skurril-humoristische Gaunerkomödie. „Mein Co-Autor hatte einige Jahre als Fahrer und quasi Hausmeister eines gebildeten alten Herrn gelebt und in dieser Zeit viele lustige Dinge mit ihm erlebt.“ Auf Basis dieser Erlebnisse ist das Drehbuch entstanden.
Trotz der zunächst schwierigen Finanzierung waren die Dreharbeiten für Heisenberg „extrem spannend.“ Verschiedene Humorformen unter einen Hut zu bringen und einen stimmigen Film daraus zu machen, ist ihm mit trocken-humoristischem Wortwitz und Situationskomik gelungen.
Worum geht’s? Die anfängliche Zweckbeziehung von Nick Gutlicht (Georg Friedrich), Gelegenheitsgauner antiker Bücher und Curt Ledig (André Wilms), zur Ruhe gesetzter Starpsychologe, wandelt sich zu einer eigenwilligen Kumpel-Freundschaft. Der Alte will nicht durch seine nervend-treusorgende Familie rundum betreut werden, der Gauner aus allem seinen persönlichen Profit schlagen. Als sich beider Wege kreuzen, prallen zwei Welten aufeinander. Zynisch, aber nicht wirklich gemein, mit einer doppelsinnigen Moral von Freiheitsdrang. Showdown im Erdloch auf der Alm.
Von Familie Heisenberg stecken auch Anteile im Film. „Als Kinder haben wir zum Beispiel auch in verteilten Rollen mit meinen Eltern Theaterstücke gelesen. Wir fanden das damals ziemlich nervig und ich dachte: 'Das muss mal in einem Film vorkommen.'“ Was nicht vorkommt ist seine fränkische Heimat.
Dafür die ein oder andere absurd anmutende Szene. Schauspieler Georg Friedrich musste einige Tage in der Erde ausharren, als sie die Szene drehten, in der er in der Erde eingegraben ist. „Damit er rauchen konnte, konstruierten wir ihm eine kleine Stützvorrichtung für die Zigaretten und ein kleines rundes Dach, damit er nicht so stark von Regen und Sonne getroffen wurde.“ Gedreht wurde übrigens in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Hauptort im Film, München, ist zum Großteil in Berlin aufgenommen worden. Die Villa am Starnberger See steht in der Schweiz.
„Ich denke, man kann auch beim zweiten und dritten Sehen immer noch ganz viele neue und sehr lustige Sachen entdecken.“
Benjamin Heisenberg über seinen Film„Über-Ich und Du“
„Man kann den Film wunderbar einfach als eine leichte, entspannte Komödie konsumieren und einen vergnüglichen Abend damit haben.“ Gleichzeitig sieht Heisenberg aber auch Aspekte, die zum Nachdenken anregen können und sollen. „Ich denke, das sorgt dafür, dass man beim zweiten und dritten Sehen immer noch ganz viele neue und sehr lustige Sachen entdecken kann.“ Geschmack an Komödien hat er gefunden und kann sich sehr gut vorstellen, wieder eine zu produzieren. Derzeit arbeitet er an einem Film über den Waffenhandelsskandal im Österreich der 1980er Jahre.
Als Privatperson ist Benjamin Heisenberg übrigens absoluter Familienmensch – sagt er selbst: „Ich genieße es sehr mit meiner Frau und den Kindern und der weiteren Großfamilie Zeit zu verbringen.“ Im Sommer hilft er manchmal dem Schwager auf seinem Hof. „Dann sitze ich mal ein oder zwei Tage im Traktor beim Heuwenden oder Pflügen oder helfe beim Ausfischen des Fischteichs.“ Vielleicht entwickelt sich hierbei der nächste (lustige) Film.
Benjamin Heisenberg
Der Regisseur, am 9. Juni 1974 in Tübingen geboren, ist in Reichenberg aufgewachsen. Sein Vater ist der Würzburger Neurobiologe Professor Martin Heisenberg, sein Großvater der Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg.
Nach dem Abitur 1993 studierte Benjamin Heisenberg zunächst Bildhauerei. Im Jahr 2000 machte er sein Diplom an der Akademie für Bildende Künste in München. Er begann ein Studium Filmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film München.
Bekannt als Filmemacher wurde er 1995 mit „Schläfer“. 2010 war bei den Filmfestspielen Berlin „Der Räuber“ zu sehen. Heisenberg erhielt den Bayerischen Fernsehpreis für die „Beste Nachwuchsregie“ und 2011 den Österreichischen Filmpreis. Er ist Mitherausgeber des Magazins „Revolver“.
„Über-Ich und Du“: Der neue Film läuft im Ochsenfurter „Casablanca“ von Donnerstag, 8. Mai, bis Mittwoch, 14. Mai. In Würzburg ist der Film im „Central“ zu sehen: Von Donnerstag bis Mittwoch, 15. bis 19. Mai. Weitere Termine: ueber-ich-und-du.de/kinofinder.php