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ALTERTHEIM/FULDA: Finn, die Sau: geliebt und doch gegessen

ALTERTHEIM/FULDA

Finn, die Sau: geliebt und doch gegessen

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    In den Herzen und Mägen von Stefan Fischers Stammgästen aber lebt er weiter. Denn am Faschingssonntag fand in Fischers Wirtshaus „Apfelgrips“ in Fulda ein reichlich unkonventioneller Leichenschmaus statt. Es gab ein fränkisches Buffet, bei dem der teure Verblichene wahrlich eine tragende Rolle spielte. Finn wurde erst betrauert und dann verspeist.

    Die 50 Stammgäste, die Stefan Fischer und seine Freundin Cornelia Hemrich eingeladen haben, gedenken des Schweins sehr liebevoll. Ihm zu Ehren haben sie einen Kranz gewunden, flankiert von einer Schleife, auf der zu lesen ist: „Finn, geliebt und nicht vergessen, wir danken dir für gutes Essen“. Der Kranz bildet zusammen mit einem Foto von Finn sowie zwei Kerzen und Blümchen eine Art Altar in der Küche, wo das Buffet aufgebaut ist.

    Jeder, der sich ein Stück von Finn auf den Teller laden will, muss zuerst an dem Altar vorbei. „Ein schöneres Andenken kann man einem Schwein doch gar nicht bereiten“, begeistert sich eine hungrige Dame, während ihre Gabel auf die Platte mit dem Schwartenmagen niederfährt.

    Die fröhliche Gesellschaft, die dem Schwein auf diese Weise die letzte Ehre erweist, sieht kein moralisches Problem in dem Finn-Gedächtnis-Essen. Andere schon. Entrüstete Vegetarier haben sich im Gästebuch von Finns Homepage verewigt. Sie finden die Schlachtung niederträchtig. Wie kann man einem Schwein erst einen Namen geben und es dann um die Ecke bringen, lautet der Tenor bei den Tierfreunden.

    „Wenn ich mit jemandem ein Bier trinke, dann muss der doch einen Namen haben“, erklärt Stefan Fischer. Der Gastwirt hatte ein inniges Verhältnis zu dem Schwein, das ihm seine Freundin vor einem Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Fischer besuchte Finn alle zwei bis drei Wochen in Oberaltertheim, wo das Schwein auf dem Hof von Cornelia Hemrichs Eltern ein sorgenfreies Leben führte.

    Finn durfte dort zusammen mit seinem Besitzer Radio hören und eben auch das eine oder andere Bier trinken. Und doch ging er, gerade zehn Monate alt, den Weg, den die meisten Hausschweine irgendwann gehen. Keine Gewissensbisse? Kein Gedanke an einen Gnadenhof, wo Finn 30 Jahre alt hätte werden können?

    „Wenn ich ihn tatsächlich jeden Tag gesehen hätte, wäre es mir wahrscheinlich doch schwer gefallen“, verrät Stefan Fischer, der eben nicht nur Fleischfan ist, sondern auch ein Herz hat. Doch auch dann wäre Finns Ende unausweichlich gewesen. Denn Cornelia Hemrich hatte das Schwein nur unter der Voraussetzung verschenkt, dass es auch tatsächlich verwurstet wird.

    Finn um die Ecke bringen oder Krach mit seiner Traumfrau – die Wahl fiel Stefan Fischer nicht wirklich schwer. „Ein Schwein ist ein Nutztier“, hat Cornelia Hemrich auf Finns Homepage geschrieben. Er, das Bio-Schwein, habe „das schönste Schweineleben geführt“, betont Fischer. Anders als so viele Artgenossen, die in dunklen überfüllten Ställen mit Medikamenten in Rekordzeit hochgezüchtet würden.

    „Ein schöneres Andenken kann man einem Schwein doch gar nicht bereiten.“

    Ein Mitesser

    Fischer war nicht dabei, als Finn in die ewigen Jagdgründe einging. Erst am nächsten Tag kam er dazu, als es in der Waschküche in Altertheim ans Wurstmachen ging. Da zeigte sich, dass Finn wirklich ein ganz besonderes Schwein gewesen war.

    „Er hatte schwarzes Blut“, erzählt Fischer. Er vermutet, dass das an dem Schokoladennikolaus lag, den Finn am 6. Dezember verdrücken durfte. Außerdem hatte Finn einen doppelt so großen Magen wie der am gleichen Tag dahingeschiedene Stall-Genosse Dumbo, sowie fünf Koteletts mehr auf jeder Seite.

    Cornelia Hemrichs Eltern, die ihn täglich zweimal fütterten und seinen Stall sauber hielten, war er indessen gründlich auf die Nerven gegangen. Er brachte es nämlich fertig, Löcher in einen Betontrog zu beißen. Stefan Fischer wird ihn trotzdem irgendwie vermissen. „Die gemeinsamen Nachmittage im Stall werden mir fehlen“, sagt er. Aber ihn tröstet der Gedanke, dass er Finn noch mindestens anderthalb Jahre bei sich haben wird: in Einmachgläsern.

    Auch Fischers Gäste lieben Finn: „Er war lecker“, urteilt Eugen Kramm, den der Gastwirt per Handy von Finns Tod und dem daraus resultierenden Festessen unterrichtet hatte. „Ich wusste ja vorher, dass es so kommt.“

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