Sie ist die zentrale Achse vom Hauptbahnhof zu Würzburgs Weltkulturerbe. Eine Flaniermeile in bester Innenstadtlage – das könnte sie sein, die Theaterstraße. Doch die Realität sieht anders aus.
„Die rauschen hier mit 70 Stundenkilometer und mehr durch“, klagt Christa Süssenguth-Adler vom gleichnamigen Juweliergeschäft. Selbst Busse donnern teils viel zu schnell durch die Theaterstraße. Sie ist Rennstrecke statt attraktiver Einkaufsmeile. Ein Zustand, den die Geschäftsleute nicht länger hinnehmen wollen. Sie setzen dabei auf die neue Straßenbahn – und damit ein verkehrspolitisches Ausrufezeichen.
Bekanntermaßen führt die neu geplante Linie 6 ab dem Barbarossaplatz durch die untere, mittlere und obere Theaterstraße an der Residenz vorbei und durch die Balthasar-Neumann-Promenade Richtung Hubland. Als die Pläne vor drei Jahren bekannt wurden, war Skepsis aus der Geschäftswelt zu vernehmen: Parkplätze könnten verloren gehen, Läden wären nicht mehr direkt anzufahren.
Die Bedenkenträger sind verstummt. Ein Sinneswandel? Beim Stadtfest wurde – als Beitrag zur Europäischen Mobilitätswoche – die Theaterstraße zur Fußgängerzone gemacht. Anwohner und Geschäftsleute hängten ein Banner auf: „Die neue Theaterstraße – Straßenbahn statt Durchgangsverkehr“, stand in großen Lettern zu lesen. An jenem Tag bummelten Tausende Menschen dort, wo sonst täglich 15 000 Fahrzeuge für Lärm und Dreck sorgen – laut Verkehrsforscher mindestens ein Drittel als Durchgangsverkehr. Es gab Musik, Freibier, Kinder durften mit Kreide malen. „Wir wollen eine Belebung der Theaterstraße. Nicht mit Autoverkehr, sondern mit Kunden, mit Familien“, so Karlheinz Schmidt (Bürobedarf Schmidt & Kurtze).
Forderung: ebene Flaniermeile
Das fordern die Geschäftsleute und Gastronomen (vor allem das Bürgerspital) nicht nur, sie tun auch etwas dafür: Unter Federführung von Apotheker Helmut Strohmeier (Theater-Apotheke) haben sie die Strabapläne überprüft – und mit eigenen Vorstellungen überarbeitet. Eine in dieser Form bislang einmalige Beteiligung von Anliegern an städtischen Verkehrsplanungen. Strohmeier: „Wir wollen konstruktiv mitarbeiten.“
Man erhofft sich von der Straßenbahn einen Attraktivitätsschub für die Theaterstraße. Ziel: mehr Aufenthaltsqualität. Gleiskörper dürften deshalb keine neuen Barrieren schaffen. Statt einer abgesenkten Fahrspur der Einbahnstraße und statt verengter Gehwege solle durchweg – ohne Bordsteine und Kanten – auf gleicher Höhe gepflastert werden. Wie das aussehen könnte, hat Strohmeier per Animation (s. Bild) darstellen lassen.
Die Anlieger plädieren für eine veränderte Platzierung der Haltestellen. Statt wie geplant eingangs der Semmelstraße und gegenüber der Residenz seien am Anfang der Theaterstraße (nahe Barbarossaplatz, mit Umsteigemöglichkeit) und am Theater/Faulhaber-Platz sinnvoller.
WVV- und Straßenbahn-Chef Thomas Schäfer ist dankbar für die Mitarbeit vor Ort. Er weiß, dass ein Mammutprojekt wie die Straba durch die eng bebaute Innenstadt am besten gemeinsam mit den Anliegern vorankommt. Auch deshalb, weil die Hauseigentümer für die Neugestaltung der Straße (nicht für die Straba selbst) mitbezahlen müssen. Und schließlich sollen in der Theaterstraße die Oberleitungen nicht an eigenen Masten, sondern an den Häuserwänden aufgehängt werden. Das Personenbeförderungsgesetz zwingt die Eigentümer zwar zur Duldung. Schäfer will, so sagt er, aber frühzeitig das Gespräch mit den Betroffenen suchen.