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ROTTENDORF/CALAIS: Flüchtlinge an Bord: Britische Strafen gegen Lkw-Fahrer

ROTTENDORF/CALAIS

Flüchtlinge an Bord: Britische Strafen gegen Lkw-Fahrer

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    Heinz Troll vor seinem Lkw in Großbritannien. Im Fahrzeug des Mannes aus Rottendorf (Lkr. Würzburg) fand der britische Grenzschutz zwei blinde Passagiere und verhängte eine Strafe gegen ihn und seine Frau. Nun meldete sich eine weitere betroffene Spedition bei der Redaktion.
    Heinz Troll vor seinem Lkw in Großbritannien. Im Fahrzeug des Mannes aus Rottendorf (Lkr. Würzburg) fand der britische Grenzschutz zwei blinde Passagiere und verhängte eine Strafe gegen ihn und seine Frau. Nun meldete sich eine weitere betroffene Spedition bei der Redaktion. Foto: Foto: Troll

    „Wenn wir darauf eingehen und bezahlen würden, käme das einem Schuldeingeständnis gleich.“

    Heinz Troll, Lkw-Fahrer aus Rottendorf

    Vor rund zwei Monaten berichtete die Redaktion über Lkw-Fahrer Heinz Troll aus Rottendorf (Lkr. Würzburg), der plötzlich zum Schleuser wurde: Am Grenzübergang im französischen Calais findet der britische Grenzschutz auf Trolls Ladefläche zwei blinde Passagiere – Flüchtlinge, die heimlich nach Großbritannien einreisen wollen. Monate später werden Troll und seine Frau Heike, die die kleine Spedition der Trolls führt, von den britischen Behörden zu einer Strafzahlung von insgesamt 3000 Pfund aufgefordert. Das Verkehrsministerium in Berlin teilte damals auf Nachfrage mit, nur von einem einzigen derartigen Fall zu wissen. Doch nun meldete sich in der Redaktion eine zweite betroffene Spedition.

    Die Firma Hegelmann Express hat ihren Sitz in der Nähe von Karlsruhe und liefert regelmäßig unter anderem Reifen an britische Autobauer. Im Januar 2015 – einen Monat vor Trolls Fall – bekommt auch ein Fahrer der Firma aus Baden-Württemberg Probleme mit der „Border Force“, dem britischen Grenzschutz. Doch während die Behörden die Personen auf Trolls Lkw noch in Calais aufspüren, werden in dem Hegelmann-Fahrzeug vier Flüchtlinge erst bei einer zweiten Kontrolle nach der Ankunft in Großbritannien zwischen den Autoreifen auf der Ladefläche gefunden.

    Strafen kommen erst viele Monate später

    Nun soll der Hegelmann-Fahrer 600 Pfund pro blindem Passagier Strafe zahlen, sein Arbeitgeber 700 Pfund pro Kopf; macht 5200 Pfund. Bei den Trolls war die Strafe etwas höher: So wurden von Speditionschefin Heike Troll 900 Pfund pro versteckter Person gefordert. Fahrer Heinz sollte – wie sein Kollege aus Baden-Württemberg – ebenfalls ursprünglich 600 Pfund pro Kopf zahlen.

    Für Hegelmann Express kommen noch Schadenersatzforderung des Kunden hinzu. Wie beim Fall Troll war die Ladung mit menschlichen Ausscheidungen verunreinigt. „Die Ware war verschmutzt. Wir haben sie reinigen lassen, doch der Kunde wollte die Ware nicht mehr“, sagt der Kaufmännische Leiter von Hegelmann Express, Andreas Schmidt.

    „Im Jahr kommen bei uns rund 1000 Überfahrten zusammen“, so Schmidt weiter. „Wir haben oft Probleme gehabt, weil uns die Planenauflieger aufgeschnitten wurden, Ware verschmutzt wurde und Fahrer sich nicht sicher fühlten.“ Das Problem sei zwar inzwischen weniger akut als noch 2015 – doch die Forderungen aus Großbritannien kommen offenbar erst jetzt, mit mehreren Monaten Zeitverzögerung in Deutschland an.

    „Das käme einem Schuldeingeständnis gleich“

    Inzwischen spricht man auch im Verkehrsministerium von „mehreren deutschen Fahrern bzw. Unternehmen“, von denen Geldstrafen erhoben wurden. Auf Nachfrage wird jedoch nur ein weiterer konkreter Fall, bei dem die Kontrolle im Dezember 2014 stattgefunden haben soll, aufgezählt.

    Die Mitarbeiter des Ministeriums „stehen in ständigem Kontakt mit den federführenden Kollegen im Auswärtigen Amt sowie mit ihren Ansprechpartnern in Frankreich und Großbritannien, um sich für die Interessen des deutschen Transportgewerbes einzusetzen“, heißt es weiter. Weiterhin wird den Betroffenen empfohlen, „den Rechtsweg einzuschreiten.“

    „Wir haben uns juristisch beraten lassen“, erklärt Schmidt. Aber der eingeschaltete Rechtsanwalt „hat uns wenig Aussichten auf Erfolg gegeben“, sodass man momentan ein Schreiben vorbereite, um wenigstens eine Reduzierung der Strafe zu erwirken.

    Das könnte funktionieren: Auch auf Trolls Zahlungsverweigerung hin reduzierten die britischen Behörden mehrmals ihre Forderungen. Aktueller Stand: Firmenchefin Heike Troll soll noch 500 Pfund pro blindem Passagier zahlen, Fahrer Heinz Troll noch 150 Pfund. Damit abfinden wollen sich die Trolls aber nicht. „Wenn wir darauf eingehen und bezahlen würden, käme das einem Schuldeingeständnis gleich“, so Heinz Troll. Das will er unter allen Umständen vermeiden.

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