Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Freiheit kann auch bedrohlich sein

Stadt Würzburg

Freiheit kann auch bedrohlich sein

    • |
    • |

    Dass die oft viele Jahre lang ersehnte Freiheit auch etwas Bedrohliches haben kann, erfährt Jochen Parnemann, Leiter der Zentralen Beratungsstelle für Wohnungslose und Strafentlassene in Würzburg, häufig in Gesprächen mit Strafgefangenen. Viele Haftentlassene brauchen Hilfe, um sich in Freiheit wieder zurechtzufinden - und um nicht wenige Monate nach Haftentlassung neuerlich wegen eines Vergehens in den "Knast" zu kommen.

    Rund 700 Menschen sind derzeit in der JVA Würzburg inhaftiert. Jedes Jahr werden rund 1400 Gefangene entlassen. "Viele von ihnen", bestätigt Gefängnisleiter Reinhardt Vogl, "sind auf Unterstützung angewiesen."

    Um die Betreuung der Haftentlassenen zu verbessern, gingen die von der Caritas und dem Diakonischen Werk getragene Christophorus Gesellschaft Würzburg, der Bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe sowie die Stadt Würzburg vor einem Jahr eine Kooperation mit der JVA ein. Durch diese Kooperation sind nach Aussage aller Beteiligten gute Fortschritte bei der Betreuung der ehemaligen Gefangenen erzielt worden. Der tatsächliche Betreuungsbedarf ist jedoch noch längst nicht gedeckt.

    Dies liegt nach einhelliger Meinung der Kooperationspartner daran, dass es bislang nicht gelang, weitere Partner mit ins Boot zu nehmen. Mehrere Landräte aus Kreisen, aus denen die Gefangenen kommen, wurden auf eine Beteiligung an dem Bündnis angesprochen. Angesichts der knappen Kassen war bisher jedoch kein Landkreis bereit, der Kooperation beizutreten.

    Weitere Kooperationspartner und damit Geldgeber würde auch bedeuten: mehr betreute Wohnraumplätze für Strafentlassene. Das vor einem Jahr angepeilte Ziel, die damals sechs von der Christophorus Gesellschaft getragenen Wohnungen auf neun aufzustocken, konnte noch nicht verwirklicht werden. Momentan gibt es trotz der hohen Nachfrage nach betreutem Wohnraum lediglich fünf Wohnungen, in die Haftentlassene für maximal sechs Monate einziehen können.

    Nachdem zwei marode Wohnungen abgegeben werden mussten, trägt die Christophorus Gesellschaft inzwischen nur noch vier betreute Wohnungen für Menschen nach Gefängnisaufenthalt. Eine weitere Wohnung wurde inzwischen vom Bayerischen Landesverband für Gefangenenfürsorge angekauft und als betreuter Wohnraum zur Verfügung gestellt.

    Bis Jahresende will der Landesverband nach Aussage seines Geschäftsführers Manfred Drosta zwei weitere Wohnungen ankaufen, in die Haftentlassene vorübergehend einziehen können. Dass der Ausbau des betreuten Wohnens in Würzburg nur langsam vorangeht, liegt laut Drosta nicht am Geld: "Seit zwei Jahren stehen 200 000 Euro für den Ankauf von Wohnungen in Würzburg in unserem Haushalt." Große Probleme machen jedoch die Vorbehalte der Wohneigentümer gegenüber Menschen, die aus der JVA kommen.

    Welche Haftentlassenen eine der momentan fünf Wohnungen beziehen können, wird innerhalb des Kooperationsbündnisses entschieden. Nicht möglich sei betreutes Wohnen für Gefangene mit Suchtproblemen, betonte Gefängnisleiter Vogl. Daneben gebe es Gefangene, die nicht "betreuungsfähig" seien.

    Vogl erhofft sich vom betreuten Wohnen vor allem, dass die Haftentlassenen weniger häufig "rückfällig" werden. Derzeit sei die Rate derjenigen, die nach wenigen Monaten oder Jahren erneut vor den Gefängnistüren stehen, hoch.

    Bei Tageskosten von 63 Euro pro Häftling in einer bayerischen JVA könnte eine Menge Geld gespart werden, würden ehemalige Gefangene nach ihrer Haftstrafe durch eine intensive Betreuung fit für das Leben in der Freiheit gemacht.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden