Wie gut ist der Wissenschaftsstandort Bayern wirklich? Es dominieren im Freistaat die beiden Münchner Hochschulen, Technische Universität (TU) und Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) als weiter einzige Exzellenz-Unis.
Wird also die Fläche vernachlässigt? Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) bestreitet das. Und so dürfte ihm der jüngste Unterschriftsreigen gerade recht gekommen sein: 32 Präsidenten von Unis, Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Kunst-/Musikhochschulen hatte er zu Gast.
32 Verträge, sogenannte Zielvereinbarungen, wurden dabei unterzeichnet. Darin erklärt jede einzelne Hochschule verbindlich, wie sie ihre Entwicklungsziele erreichen will. Der Freistaat gibt den Einrichtungen dafür - über die normale Finanzierung hinaus - Geld, das sie flexibel einsetzen können. Und der Hahn wurde diesmal deutlich weiter aufgedreht, 71 Millionen Euro fließen allein in den ersten beiden Jahren.

Hochschulen im Wettbewerb um Professorinnen
Mit einer Laufzeit bis 2022 bekommt die Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU) jährlich drei Millionen Euro (zuletzt eine Million Euro), die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) springt von 300.000 Euro auf 1, 2 Millionen Euro im Jahr. Dafür müssen die Hochschulen liefern. Die Zahl der Studienplätze ausbauen, internationaler und digitaler werden, und: mehr Frauen in Professorenstellen bringen. Hier hinkt der Freistaat im Ländervergleich hinterher.

Die "Jagd", der Wettbewerb der Hochschulen um Professorinnen ist voll entbrannt. Der Bedarf ist groß, das Angebot noch überschaubar. In den Zielvereinbarungen - abgeleitet aus dem Innovationsbündnis Hochschule 4.0 - macht das Ministerium den einzelnen Hochschulen konkrete Vorgaben, um die Zahl von Frauen in Professuren zu steigern. Beobachter meinen die Handschrift von Kurzzeitministerin Marion Kiechle herauszulesen. Aber ihr Nachfolger Bernd Sibler hat den Ball nicht weniger dynamisch aufgenommen: "Beim Thema Frauenförderung müssen und wollen wir besser werden", sagt er.
Uni Würzburg hat Professorinnen-Quote in den letzten Jahren erhöht
Die Uni Würzburg hat hier in den letzten Jahren vorgelegt. Von mickrigen 9,6 Prozent im Jahr 2007 ist der Anteil der Professorinnen durch gezielte Maßnahmen mittlerweile auf gut 20 Prozent gestiegen - damit liegt man leicht über dem Bayernschnitt. Nun soll mit erweiterten Programmen für Junior-Professorinnen die Quote bis Ende 2021 auf mindestens 23,5 Prozent steigen, quer durch alle zehn Fakultäten. Klingt bescheiden, heißt aber: Um das Ziel zu erreichen, müssten in den nächsten zwei Jahren bei 40 Prozent aller Neuberufungen an der Uni Würzburg Frauen zum Zuge kommen.

13 Junior-Professuren für Frauen sollen geschaffen werden, jährlich 600.000 Euro aus dem Etat der Zielvereinbarung und nochmal die Hälfte aus eigenen Mitteln will man dafür verwenden. Scheitert man mit den Plänen, wären Gelder zurückzubezahlen. Das will Würzburgs Uni-Präsident Alfred Forchel verhindern. Er gibt sich überzeugt: "Gleichstellung geht alle Fakultäten an."
FHWS setzt auf Internationalisierung und Digitalisierung
Technische Disziplinen haben es dabei besonders schwer. Davon weiß FHWS-Präsident Robert Grebner ein Lied zu singen. Wie Forchel ist auch er dankbar für deutlich mehr Mittel, um die eigene Hochschule voranzubringen. Mit den 1,2 Millionen Euro pro Jahr sollen an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt vor allem Internationalisierung und Digitalisierung vorangetrieben werden. Auch will man mainfränkische Unternehmen mit Niederlassungen im Ausland stärker beim Technologietransfer begleiten.

Die Zahl der Studienplätze will Grebner von heute rund 9000 auf rund 12.000 ausbauen und setzt unter anderem mit zweisprachigen Angeboten auf Studierende aus dem Ausland. Und: auf Professorinnen. Mit gezielten Werbekampagnen sollen sie nach Schweinfurt und Würzburg gelockt werden. "Viele haben in Deutschland studiert, sind zur Promotion ins Ausland gewechselt und kommen gerne zurück", glaubt Grebner. Etwas kleinlaut bekennt er sich zum aktuellen Anteil von nur 16 Prozent Frauen an den FHWS-Professuren. "Ja", räumt er ein, "da wollen wir uns merklich verbessern." Was für die FHWS mit ihren vielen technischen Studiengängen noch schwieriger ist als für die Universität.
An der Uni Würzburg pro Jahr 1300 zusätzliche Erstsemester
Die JMU verpflichtet sich in den Zielvereinbarungen, bis 2022 jährlich 1300 zusätzliche Studienanfänger aufzunehmen. Damit könnte die Zahl der Immatrikulierten deutlich über 30.000 steigen. Ein konkreter Ausbau ist mit einer sechsten Professur für die Sonderpädagogik vorgesehen, dahinter stehen die Bestrebungen des Freistaats nach besserer Inklusion und einer Weiterentwicklung der Lehramtsstudiengänge. Auch die Musiklehrerausbildung soll gestärkt, Lehrbeauftragter sollen besser bezahlt werden.

Uni-Präsident Alfred Forchel ist optimistisch, dass mit den geplanten Maßnahmen die Forschung, die Lehre und die Verwaltung vorangebracht werden. Gezielte Impulse und Hilfestellungen sollen den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern und noch mehr Drittmittel an Land ziehen.
Auch Würzburgs Hochschule für Musik schreibt Ziele fest
Auch Bayerns Hochschulen für Kunst und Musik haben jeweils Zielvereinbarungen mit dem Ministerium abgeschlossen. Die Hochschule für Musik (HfM) in Würzburg wird demnach unter anderem neue Masterstudiengänge für Jazzkomposition, Kammermusik und "Inklusive Musikpädagogik und Community Music" einrichten. Der Anteil von Professorinnen an der Musikhochschule soll von 23 auf 25 Prozent erhöht und während der Laufzeit bis 2022 die Hälfte aller Neuberufungen mit Frauen besetzt werden.