Es ist das Angebot der Stadt, das der Idee eines Friedwalds nahe kommen soll. Diese Beschaulichkeit von Werden und Vergehen, die sich immer mehr Menschen als letzte Ruhestätte wünschen, gibt es aber nur noch im Hintergrund. Hauptsächlich die ersten Baumreihen am Fußweg sind inzwischen mit klassischen Gräbern „belegt“. Dort ist es mit dem Frühling teils kunterbunt geworden.
An den Füßen der Bäume, die natürliche Grabdenkmäler sein sollen, sind kleine Hügel aufgehäuft – dicht bepflanzt mit bunten Frühlingsblumen. Gefüllte Blumenvasen stehen dazwischen, Laternen, Porzellan-Engel und anderer Kitsch. Manche haben gar ein Bild des Verstorbenen an den Stamm genagelt.
Die 86-jährige Eleonore Müller-Geyer gerät darüber in Rage. Als die Stadt dieses Waldstück für Urnen-Grabstellen zur Verfügung gestellt hatte, war es für sie und ihren Mann klar, „unseren Baum“ auszusuchen und zu kaufen. Vor drei Jahren ist ihr Mann gestorben. Die Urne wurde im Waldboden unter einem Meer von wildem Immergrün beigesetzt.
Was seitdem passierte, schildert sie so: Neue Baumbesitzer fingen an, kleine „Vorgärten“ anzulegen. Aus mitgebrachter Erde wurden Hügel geformt, die dann wie ein echtes Grab üppig bepflanzt wurden. Oben drauf noch kleine oder große weiße Engel, manchmal auch in Rosa. Laternen baumelten sogar vom Ast. Das Neueste sei, dass nicht benötigte Vasen hinter dem Baumstamm abgelegt werden wie auf dem Friedhof hinter dem Grabstein des Nachbarn. „Ich kann da nicht mehr hingehen, es ist eine Qual“, so Eleonore Müller-Geyer.
Damit ist sie sich auch einig mit vielen anderen, die sich ihre letzte Ruhestätte unter einem Baum gänzlich anders vorgestellt haben. Schließlich ist die Idee des Friedwalds grundsätzlich die größtmögliche Naturbelassenheit. Das sieht man bei der Friedhofsverwaltung genauso. „Wir haben das Problem erkannt“, so Christian Weiß, Pressesprecher der Stadt.
„Ich kann da nicht mehr hingehen, es ist eine Qual.“
Eleonore Müller-Geyer Friedwald-Besucherin
Der Bereich für Baumbestattung sei ganz klar als pflegefreie und naturnahe Bestattungsmöglichkeit angeboten. Im Trauerfall würden die Angehörigen auch darauf hingewiesen, dass weder Bepflanzung, Kerzen noch Grabschmuck erlaubt seien, lediglich eine Gedenktafel.
In der Friedhofssatzung ist dazu nichts Konkretes festgelegt. Dort gilt der Baum lediglich als Ersatz des Grabsteines. Allerdings sei jetzt aufgrund der Entwicklung in diesem Waldbereich am Waldfriedhof eine Satzungsergänzung in Arbeit, wo der naturnahe Charakter geregelt wird. Der Entwurf dazu liegt bereits vor, so Weiß. In der Zwischenzeit würden die Baumbesitzer gebeten, den natürlichen Zustand wieder herzustellen.
Geklärt werden muss über die Satzung allerdings auch, ob am Baum ein christliches Symbol wie das Kreuz angebracht werden darf. Die Diözese steht Friedwäldern oder Ruheforsten eher skeptisch gegenüber. Eine katholische Segnung solcher Flächen sei nicht erlaubt, so Bischof Friedhelm Hofmann in einer schriftlichen Festlegung. Der Grund: Dort würden auch nichtkirchliche Bestattungen und solche mit pantheistischen Hintergrund vorgenommen. Solche Ideen von der Rückkehr des menschlichen Lebens in den Kreislauf der Natur entsprechen nicht christlicher Kultur.
Ein kirchliches Begräbnis unter Bäume könne demnach nur im Einzelfall stattfinden – bei dauerhafter Kennzeichnung durch den Namen und ein christliches Symbol. Es müsse auch sicher sein, dass der Verstorbene oder die Hinterbliebenen keine pantheistischen Vorstellungen verbinden.
Bei den bislang 50 Baumbestattungen habe es keine Probleme gegeben, so Christian Weiß. Der Waldfriedhof sei insgesamt als Friedhof kirchlich geweiht. Auf Gedenktafeln (maximal 30 auf 50 Zentimeter) seien christliche Symbole jederzeit möglich.