Eine 16-köpfige Delegation aus dem Partnerlandkreis Mate Yehuda weilt seit Montag im Landkreis Würzburg. Erstes Ziel der Israelis war das Walderlebniszentrum Einsiedel bei Gramschatz. Landrat Eberhard Nuß und Wolfgang Graf, der Leiter des Walderlebniszentrums, hießen die Gäste willkommen. Die Delegation wird angeführt von Landrat Moshe Dadon. Der Partnerlandkreis hat 30 000 Einwohner und liegt auf halber Strecke zwischen Tel Aviv und Jerusalem.
Nuß hob die jüdische Kultur als Teil der Geschichte hervor, ebenso die gesellschaftliche Verantwortung der Politiker dafür, dass die Ereignisse aus der NS-Zeit von 1933 bis 1945 nicht vergessen werden dürfen. Es gibt zwar zahlreiche private und amtliche Initiativen, die dieses Ziel verfolgen, jedoch noch immer kein gemeinsames Konzept, sagte der Landrat. Deshalb wurde das Projekt „Landjudentum in Unterfranken“ gestartet. Es dient zur Aufarbeitung der Geschichte und soll zur Aussöhnung und Verständigung beitragen. Gefördert wird das 200 000-Euro-Projekt mit Geldern aus der EU-Kasse vom Freistaat und den Landkreisen.
Geschichte vernetzen
Die Leiterin des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, Dr. Rotraud Ries (Würzburg), stellte das Projekt vor: Geplant ist der Aufbau eines Netzwerks zum jüdischen Erbe. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Öffentlichkeitsarbeit mit einer eigenen Internetplattform. Außerdem sollen Wanderausstellungen, Themenwege und fotografische Dokumentationen Einblicke in das unterfränkische Judentum geben. Ins Leben gerufen wurde dieses Projekt von der Aktionsgruppe Wein, Wald, Wasser. Vorsitzender ist Wilhelm Remling (Thüngersheim).
Moshe Dadon erntete viel Beifall für seine Worte: „Es wird mir ganz warm ums Herz. Wenn man mich nach Deutschlands Hauptstadt fragt, antworte ich immer, es sei Würzburg.“ Dann folgten ernstere Gedanken: „Kein Volk kann seine Zukunft bewältigen ohne seine Vergangenheit aufzuarbeiten.“ Stolz ist Dadon auf den seit über 20 Jahren stattfindenden Jugendaustausch, ein wichtiger Eckpfeiler in den Beziehungen zwischen den Landkreisen.
Weitere Gäste im Walderlebniszentrum: Bezirkspräsident Erwin Dotzel, Oberbürgermeister Sebastian Remelé (Schweinfurt), stellvertretender Landrat Paul Streng (Landkreis Kitzingen), die Bürgermeister Linda Plappert-Metz (Arnstein), Dr. Wieland Gsell (Zellingen), Ernst Joßberger (Güntersleben), Thomas Ebert (Kürnach), Konrad Schlier (Bergtheim), Michael Weber (Estenfeld), Karl Gerhard (Retzstadt) und Burkard Losert (Rimpar) sowie Veronika Ullsperger (Landkreis Haßberge), Holger Becker (Landkreis Schweinfurt), Bezirksrat Martin Umscheid, Maria Scheller und Helmut Scholz (Unterpleichfeld).
Führung durch Rimpar
Nach einem gemeinsamen Abendessen im Walderlebniszentrum und dem Besuch des Günterslebener Maternus-Festes klang der Abend aus. Am Dienstag stand der Besuch von Rimpar auf dem Programm. Zunächst besichtigten die israelischen Gäste zusammen mit Bürgermeister Burkhard Losert die Museen im Schloss Grumbach. Der Stadtrundgang mit Stationen im Schlossmühl-Kindergarten, Kinderhort und in der Grundschule führte auch an den Stolpersteinen vorbei, die an die ermordeten Juden erinnern.
Auf anfängliches Unverständnis und Entsetzen stieß bei den israelischen Gästen der Besuch der ehemaligen Rimparer Synagoge, die ein Privatmann als Hühnerstall nutzt. Das einstige Gotteshaus, das 1792 gebaut wurde, befindet sich in einem jämmerlichen Zustand. Losert hofft, dass mit EU-Geldern und einem Förderverein das Gebäude saniert werden kann. Die Gemeinde möchte es dann als öffentlichen Veranstaltungsraum oder Dokumentationseinrichtung nutzen. Außerdem muss noch ein öffentlicher Zugang zur ehemaligen Synagoge geschaffen werden, denn bis jetzt kann man nur über Privatgrund dorthin gelangen.