Am 9.November 1938 schlug der von den Nationalsozialisten angestachelte Volkszorn gegen die jüdische Bevölkerung in blanken Hass um. In ganz Deutschland wurden unzählige Synagogen und Geschäfte geplündert, zertrümmert und verbrannt. In dieser sogenannten "Pogromnacht" wurden Tausende von Juden zu Opfern dieser kaum vorstellbaren Gewalttaten. Am Abend des 10.November fiel eine wütende Horde in Gaukönigshofen ein und hinterließ eine Spur der Verwüstung. In der Synagoge, die auf den Tag genau vor 80 Jahren geschändet worden war, fanden sich rund 120 Besucher ein, um an das Geschehene zu erinnern und der 29 Gaukönigshöfer Opfer der Judenvernichtung zu gedenken.

Mit der Veranstaltung, die Bürgermeister Bernhard Rhein mit zum Nachdenken anregenden Worten eröffnete, einher ging das 30-jährige Bestehen der Kreisgedenkstätte, die im Oktober 1988 ihrer Bestimmung übergeben worden war. Seitdem haben unzählige Besucher aus dem In-und Ausland die Synagoge besucht, die über viele Jahre hinweg in völlig desolaten Zustand als "Rumpelkammer" gedient hatte. "Hevenu Shalom Alechem" (Wir wollen Frieden für alle) - Landrat Eberhard Nuß, der mit diesen Worten schloss, ging in seinen Ausführungen zunächst auf den Jugendaustausch mit Schülerinnen und Schülern aus dem israelischen Partnerlandkreis Mateh Yehuda ein.
Schüler schufen unter die Haut gehenden Film
Vor acht Jahren haben die Jugendlichen mit Altersgenossen aus dem Würzburger Deutschhaus-Gymnasium mit dem Projekt "Gegen das Vergessen" einen Film geschaffen, der, so der Kreischef, "unter die Haut geht." Der Film, in dem auch der ehemalige Bürgermeister Paul Lesch (1928-2014) als Zeitzeuge zu sehen und zu hören ist, zeigt, wie "normal" und selbstverständlich das Zusammenleben zwischen der christlichen und jüdischen Bevölkerung war, bevor die Nationalsozialisten ihre Schreckensherrschaft auch in die kleine Gaugemeinde trugen.
Eberhard Nuß, der auf die Entstehung der Kreisgedächtnisstätte einging, gab sein Wort, dass der Landkreis Würzburg auch weiterhin in jeder möglichen Form seine Unterstützung zum Erhalt der Gedenkstätte anbieten wird. Abschließend richtete er seine herzlichen Dankesworte an Bernhard Rhein, Gertraud Renner und Rita Dürr für die "kenntnisreichen und sensiblen Führungen" durch die Einrichtung und nicht zuletzt an Esther Pfeuffer, Harald Eck, Doris Sollner, Barbara Haaf, Bernhard Nagl und Christine Schwab. "Ohne Ihr Mittun ist diese Gedenkstunde schlicht unvorstellbar" sagte er.
Lieder voll Trauer und Freude
Die Mitglieder der Gaukönigshöfer Musikkapelle, die seit Jahren die Gedenkfeier mitgestalten, intonierten die zu Herzen gehenden Melodien, die, neben Trauer und Melancholie, auch eindrucksvoll Freude und jüdische Lebenslust zum Ausdruck bringen.
Nach den Worten von Gertraud Renner, die die bewegende Gedenkfeier organisierte, ist es seit 1988 gute Tradition geworden, dass sich Menschen aus Gaukönigshofen und Umgebung treffen, um an die dunkle Seite der Ortsgeschichte zu erinnern und der ermordeten Opfer der Judenvernichtung zu gedenken. "Ihre Namen werden genannt, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Die Namen nicht und nicht die Menschen und nicht das unfassbare Morden, das bis heute alles Begreifen übersteigt" sagte sie.
Zwei steinerne Koffer für die Ewigkeit
An die Menschen, die Gaukönigshofen im März überstürzt verlassen mussten, erinnerten in der Synagoge zwei kleine Koffer, eine Tasche und zwei neben dem Thoraschrein platzierte Steinkoffer. Bildhauer Reinhard Kraft aus dem Ortsteil Wolkshausen hat die zwei unvergänglichen Gepäckstücke geschaffen. Einer der Koffer ist bestimmt für den "DenkOrt Aumühle", der in Würzburg errichtet wird, und der andere wird am ehemaligen Gaukönigshöfer Bahnhof seinen Standort finden.

Der Künstler fasste seine Gedanken über das Gezwungen-Werden, Haus und Hof zu verlassen und nur das Nötigste mitnehmen zu dürfen, in bewegende Worte. Abschließend drückte Reinhard Kraft seine Hoffnung darüber aus, dass auch hier in der Gemeinde ein weiterer angemessener Impuls wirksam sein kann, der hilfreich ist, Erinnerungen an das Wissen und das Empfinden für geschehenes Unrecht und Leid an den ehemaligen Mitbürgern jüdischen Glaubens in der Geschichte wach und offen zu halten.
Für die Teilnehmer, die nach dem wichtigsten jüdischen Gebet "Kaddisch" und reichlichem Beifall für die Musiker die Synagoge verließen, standen zum Niederlegen an den Stolpersteinen rote Rosen bereit.