Im Juli 1973 ist eine 2000-Kilo-Bombe auf dem Kitzinger Flugplatz detoniert, 1987 ging in Giebelstadt ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg hoch. In Giebelstadt ist die Gefahr weitgehend gebannt. Dafür ist Kitzingen noch längst nicht bombenfrei.
Ein explosives Thema – nicht nur kommunalpolitisch – sind die Pläne der Stadt Kitzingen für das rund 130 Hektar große Flugplatzgelände (inklusive Naturschutzflächen): Hauptgrund sind die Bomben-Blindgänger, die noch im Boden vermutet werden, die aber die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) als Eigentümer nicht suchen will. Dabei gäbe es – beim Graben in der Vergangenheit – einen guten Grund: Am 7. Juli 1973 detonierte eine 2000-Kilo-Bombe auf dem Flugplatz.
Die Explosion, die damals nur mit sehr viel Glück ohne Tote und Verletzte abging, könnte auch heute passieren: Die Stadt rechnet mit 90 bis 150 Bombenblindgängern, die sich im Erdreich der Harvey-Barracks (zu denen der Flugplatz gehört) verbergen. Nicht auszuschließen, dass darunter auch Blindgänger mit gefährlichen Langzeitzündern sind.
Eine Sondierung des Areals ergab rund 200 Anomalien im Boden. Und: Bei einer ersten Blindgänger-Fahndung, wurden lediglich drei Blindgänger gefunden – sehr wenig angesichts eines Riesen-Bombenteppichs der Alliierten kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Insider sagen, dass über dem Flugplatz Kitzingen fast die gleiche Masse an Abwurfmunition nieder ging, wie über dem ehemaligen Forschungsflugplatz der Wehrmacht in Giebelstadt.
Was ohne sorgfältige Bombensuche passieren könnte, wenn in Kitzingen der geplante Sonderlandeplatz oder der Solar-Park kommt, führen zwei Ereignisse schrecklich vor Augen. Juli 1973 in Kitzingen: Am Samstagmorgen um 8.35 Uhr reißt eine Riesenexplosion die Kitzinger aus dem Bett, wie es in einem Zeitungsartikel aus den reichhaltigen Beständen des Kitzinger Stadtarchivs heißt. „Bombe flog in die Luft“ war die Überschrift. Die Detonation ist heftig.
Der Blindgänger, der aus heiterem Himmel am Ende des Rollfelds hochgeht, reißt laut Bericht einen Trichter von acht Metern Durchmesser und einer Tiefe von sechs Metern ins Erdreich. Etliche Häuser und einige Autos werden durch die Druckwelle beschädigt. Menschen kommen nicht zu Schaden. Was ein Riesenglück ist: Einem Zeitungsbericht zufolge war wenige Wochen vor der Detonation hier der Vergnügungspark des Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsfests aufgebaut; einem weiteren Artikel nach drehte sich sogar das Kinderkarussell an dieser Stelle.
Warum der Sprengkörper explodierte, bleibt unklar. Der damalige US-Standortälteste schließt nicht aus, dass der heftige Regen der Vortage mitverantwortlich war. Unbekannt ist auch, ob die Bombe aus deutschen, englischen oder amerikanischen Beständen stammte.
Wobei Experten davon ausgehen, dass der Sprengkörper vermutlich vom 22. März 1945 herrührt, als die US-Luftwaffe den damaligen Fliegerhorst in mehreren Wellen mit Bombenwürfen attackiert. Klar nur: Der Blindgänger war zwischen 1000 und 2000 Kilo schwer.
Ähnliches passierte am Giebelstadter Flugplatz. Dort explodierte am 29. Juli 1987 kurz nach 7 Uhr ein Blindgänger. Der Sprengkörper riss damals einen acht Meter breiten und viereinhalb Meter tiefen Krater auf. Verletzt wurde niemand. Steine und andere Trümmer flogen 40 Meter weit und schlugen sogar in das Dach einer 30 Meter entfernten Halle des Flugsportklubs Giebelstadt ein.
Auch an anderen Orten kam es in der Vergangenheit immer wieder zu spontanen Explosionen von Blindgängern. In Unterföhring explodierte im vergangenem August eine 70 Jahre alte Bombe direkt neben einem Radweg, im August 2008 ging eine Fliegerbombe in einer Gärtnerei bei Wien hoch.
Zwischen acht bis 15 Blindgänger mit Langzeitzündern sollen unter den Tausenden von Bomben, die über dem Giebelstadter Flugplatz in den letzten Kriegsjahren abgeworfen wurden, sein. Daher wurde der Flugplatz und viele Grundstücke außerhalb gründlich nach Blindgängern abgesucht. Nicht auf Kosten des Bundes. Die Landwirte, der Markt Giebelstadt und die Firma Knauf kommen dafür auf.
Bis Mitte April sollen dann auch noch Testmessungen auf der Kreis- und Bundesstraße am Giebelstadter Flugplatz erfolgen. Hier wird nach geeigneten Verfahren gesucht, die auch Blindgänger unter dem Asphalt orten.
All das hat man in Kitzingen bislang nicht gemacht. So wundert es nicht, dass Giebelstadt die Genehmigung für einen Verkehrslandeplatz, wo jetzt sogar der Instrumentenanflug möglich ist, bekommen hat. Vielleicht sind die Verantwortlichen für den Kitzinger Flugplatz ja deswegen etwas gelassener, weil der damalige US-Sprengmeister es nach einer Untersuchung mit dem Minensuchgerät für ausgeschlossen hielt, dass auf dem Gelände der Harvey Barracks noch weitere Blindgänger liegen. Wer's glaubt.
Gefährliche Zünderart
Besonders gefürchtet sind Langzeitoder Verzögerungszünder bei Entschärfern, weil sie hochsensibel sind. Angebracht sind die Zünder meist im Heck der Bombe und bestehen aus einer Aceton-gefüllten Glasampulle und einer Schicht Zelluloid-Plättchen. Beim Aufprall platzt die Glasampulle, das Aceton wird freigesetzt und löst langsam den Kunststoff auf, der den Schlagbolzen hält. Ist dieser frei, explodiert die Bombe. Die Stärke des Kunststoffs legt die Verzögerungszeit fest, die bis zu sechs Tagen sein kann.