Knapp zwei Stunden dauerte die Gründungsversammlung im Café Domain, viel über die politischen Inhalte der „Piratenpartei“ konnte man dabei nicht erfahren. „Steht doch alles im Internet“, meinte einer der gut 50 Teilnehmer aus ganz Unterfranken. Immerhin: „Wir kämpfen gegen eine Dame, die eine versteckte Diktatorin ist“, sagte Andreas Popp, der Vorsitzende des bayerischen Piraten-Landesverbandes, zum Auftakt der Versammlung. 750 Mitglieder haben die Piraten in Bayern, knapp hundert sind es in Unterfranken, die jetzt nach Oberbayern den zweiten Bezirksverband gegründet haben. Die von Popp erwähnte „Dame“ ist Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, auf deren Initiative der Bundestag kürzlich mit den Stimmen der Regierungskoalition das umstrittene „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet“ beschlossen hat.
Für die „Piraten“ ist dieses Gesetz der Einstieg in die Zensur des Internets. Die Partei steht unter anderem für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und lehnt deshalb auch die geplante Vorratsdatenspeicherung ab. Piraten sind bisher zum großen Teil Menschen, die beruflich mit dem Internet und anderen neuen Medien zu tun haben. Sie beherrschen die Kunst der Verschlüsselung ihrer Online-Inhalte und kommunizieren über neue Plattformen wie „Jabber“, „ICQ“ oder „Twitter“.
Auch sämtliche Mitglieder des unterfränkischen Bezirksvorstands sind Computer- und Internet-Experten: Der Vorsitzende Johannes Müller aus Obernburg ist Software-Entwickler, sein Stellvertreter Mirko Gasparovic aus Würzburg arbeitet als Systemadministrator. Generalsekretärin Sabrina Weider aus Großostheim hat „Exchange Administrator“ als Berufsbezeichnung, der „politische Geschäftsführer“ und Bundestags-Direktkandidat Markus Heurung ist Informatiker.
Der 30-Jährige will seine Wut auf von der Leyen und den Bundestag als Antrieb nutzen: „Ich bin politisch jetzt nicht mehr passiv, weil ich sauer bin.“ Chancen auf einen Wahlerfolg als Direktkandidat im Wahlkreis Würzburg rechnet er sich natürlich nicht aus. „Aber ich will im Wahlkampf Präsenz zeigen und als Ansprechpartner unsere Meinung rüberbringen“, betont der 30-Jährige. Alle 14 Tage wollen die „Piraten“ ab sofort mit einem Infostand in der Innenstadt präsent sein.
Alle Informationen über die Piratenpartei im Internet unter www.piratenpartei.de und wiki.piratenpartei.de