In weißen Kostümen tanzen die Mädchen elegant über die Bühne, während Schnee auf sie herabrieselt. Die Kulisse wirkt wie in einem richtigen Theater. Bühnenbild, Live-Orchester, Lichtershow. Und doch ist es eine Inszenierung von Laien. 50 Schüler der zweiten bis fünften Klasse der Grund- und Mittelschule Waldbüttelbrunn haben das Musical „Ein Weihnachtsmärchen“ monatelang einstudiert.
Es sind die letzten Proben, die an diesem Freitagnachmittag in der Schulturnhalle stattfinden. Doch schon jetzt ist der Unterschied zu normalen Schulaufführungen groß. Besonderes Highlight der Darstellung ist die Tatsache, dass es eine eigens komponierte Musik für die Aufführung gibt. Tobias Hullin, Lehramtsstudent im 9. Semester an der Hochschule für Musik hat die Musik im Rahmen seiner Zulassungsarbeit für sein erstes Staatsexamen für das Schulprojekt angefertigt.
Leihgabe
„Mein Professor hat mir die Zusammenarbeit mit Schulleiter Manfred Glock vermittelt.“ Dieser habe bereits vor drei Jahren den Bühnentext nach Charles Dickens Romanvorlage „A Christmas Carol“ geschrieben. „Ich habe mir immer gewünscht, dass der Text vertont wird“, berichtet der Rektor. Tobias Hullin untermalt die Aufführung musikalisch beeindruckend. Das Orchester besteht ausschließlich aus Studenten der Musikhochschule. „Wir sind sehr froh über den Umstand, dass sämtliche Instrumente und Tontechnik von der Firma Steinicke als Leihgabe gesponsert wurden.“ Der Student ist zudem begeistert, wie musikalisch und stimmbegabt die Kinder sind.
Zuzuschreiben ist das wohl vor allem dem Engagement der Schule. Manfred Glock schwärmt: „Musik ist mein Steckenpferd“. Nicht verwunderlich dass er diese Liebe auch an seine Schüler weitergeben will. Es gibt eine AG für Tanz, Chor, Schauspiel und Instrumente.
Nun endlich wird, passend zur Weihnachtszeit, sein Weihnachtsmusical aufgeführt. Für die Kinder heißt das seit zwei Monaten jeden Dienstag Probe. In der Woche vor der Aufführung wurde jeden Tag von neun bis dreizehn Uhr geübt. Zusätzlich gab es danach noch drei Stunden Musikprobe.
Höhepunkt war ein Probenwochenende im Ars-Musica-Haus in Aub. Tobias Hullin gibt zu: „Es ist eine Weihnachtsstress-Stimmung.“ Aber er sei richtig glücklich, weil es so viel Spaß mache. „Im Verlauf der Probenarbeit herrscht schon manchmal Gewusel. Sobald es losgeht, sind aber alle professionell.“ Während er sein Orchester dirigiert, tänzeln die Mädchen von der Bühne. Die kleinen Schauspieler treten selbstbewusst ins Rampenlicht, Rauch quillt aus einer Nebelmaschine und die Beleuchtung wechselt in ein mystisches Rot.
Der Schulleiter fasst die Darstellung zusammen: „Ein Chorkind, alias Charles Dickens, und ein Lebkuchenverkäufer führen als Erzähler durch die Geschichte des geizigen und habgierigen Geldverleihers Ebenezer Scrooge.“ Dieser hasse das Weihnachtsfest, weil es den Ablauf seiner Geschäfte störe. „Er kann den Sinn des Festes nicht nachvollziehen.“ Der Geldverleiher kümmere sich nicht um seine Mitmenschen, lebe verbittert und zurückgezogen in einem alten Haus. „Humbug ist sein Lieblingswort. Allein für Geld und Reichtum schlägt sein Herz.“ Dies ändere sich erst, als sein alter Geschäftspartner Jacob Marley als Geist erscheint und ihm weitere drei Geister ankündigt.
Die Kinder, ausgestattet mit Headsets, spielen, singen und tanzen durch das zweistündige Musical, als hätten sie jahrelange Erfahrung. Auch Christoph Wünsch, Professor der Musikhochschule, ist von der außergewöhnlichen Zusammenarbeit sehr angetan.
„Alle haben sich wahnsinnig viel Mühe gegeben, Kulissen gebaut, Kostüme entworfen.“ Der Professor betreut die Komposition von Tobias Hullin fachwissenschaftlich. Ihn überzeugt das gemeinsame Wirken von Schülern und dem 15-köpfigen Instrumentalensemble der Hochschule. „Die Zusammenarbeit war für uns alle ein absoluter Glücksfall.“
Beeindruckend
Und das Ergebnis ist schon jetzt beeindruckend. Kein Wunder, dass die Premierenvorstellung am heutigen Montag um 18.30 Uhr bereits seit langem ausverkauft ist. „Das Weihnachtsmusical ist für Kinder, aber auch für Erwachsene sehr unterhaltsam. Die Schule nimmt mit dem Projekt auch am bundesweiten Wettbewerb „Kinder zum Olymp“ teil.
Weitere Aufführungstermine:
Dienstag 17., Mittwoch, 18. Dezember, ab 18.30 Uhr in der Grund und Mittelschule Waldbüttelbrunn, Schulstraße 16
Donnerstag, 19. Dezember, ab 10 Uhr auf der Opernbühne der Hochschule für Musik in der Würzburger Bibrastraße.
Weihnachtsgeschichte
Die Weihnachtsgeschichte ist eine der bekanntesten Erzählungen von Charles Dickens. Sie wurde im Dezember 1843 mit Illustrationen von John Leech erstmals veröffentlicht. Die Erzählung handelt von Ebenezer Scrooge, einem alten, grantigen Geizhals, der in einer einzigen Nacht zunächst Besuch von seinem verstorbenen Teilhaber Jacob Marley und dann von drei weiteren Geistern erhält, die ihm dazu verhelfen, sein Leben zu ändern. Das Buch enthält stark sozialkritische Töne, mit denen Dickens die Missstände in England im 19. Jahrhunderts anprangern wollte.