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Würzburg: Gemeinsam allein: Wie Kirchengemeinden mit Corona umgehen

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Gemeinsam allein: Wie Kirchengemeinden mit Corona umgehen

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    Ungewohnter Anblick: Ein menschenleerer Würzburger Dom - ohne Touristen und Betende. Die weitreichenden Gottesdienstverbote bedeuten für Kirchen eine historische Abkehr von der Tradition.
    Ungewohnter Anblick: Ein menschenleerer Würzburger Dom - ohne Touristen und Betende. Die weitreichenden Gottesdienstverbote bedeuten für Kirchen eine historische Abkehr von der Tradition. Foto: Silvia Gralla

    Gemeinsam beten, zusammen mit anderen Gläubigen einen Gottesdienst erleben, das gibt vielen Menschen Kraft – insbesondere in Krisenzeiten. In den Kirchen des Bistums Würzburg ist dies wegen der Verbreitung des Coronavirus seit dem 17. März nicht mehr möglich. Alle öffentlichen Gottesdienste wurden von Bischof Franz Jung per Dekret bis vorerst 19. April untersagt. In der evangelischen Kirche sieht die Lage ähnlich aus: Der bayerische Landeskirchenrat gab die Empfehlung, bis auf Weiteres auf alle Gottesdienste zu verzichten. 

    Wie gehen Pfarrer und Gemeinden im Landkreis mit der Situation um? Wie haben sich das kirchliche Leben und der Arbeitsalltag der Pfarrer verändert? Wir haben mit Geistlichen aus Sommerhausen, Ochsenfurt und Veitshöchheim gesprochen.

    Ein Schild vor dem Würzburger Dom klärt die Menschen über Alternativen zu den aktuell abgesagten öffentlichen Gottesdiensten auf.
    Ein Schild vor dem Würzburger Dom klärt die Menschen über Alternativen zu den aktuell abgesagten öffentlichen Gottesdiensten auf. Foto: Silvia Gralla

    Glockenläuten und Kerzenlicht zeigen Verbundenheit

    „Jetzt sind Fantasie und Kreativität gefragt“, sagt Pfarrer Jochen Maier, der zusammen mit seiner Frau, Pfarrerin Irene Maier, die evangelische Kirchengemeinde Sommerhausen/Eibelstadt betreut. Zum einen erfahren die Kirchenglocken als traditionelles Symbol der Besinnung neue Bedeutung: „Täglich um 19 Uhr - ab Ostern um 21 Uhr -, läuten wir in der Kirche die Vater-Unser-Glocke, zünden die Osterkerze an und sprechen laut das Vater Unser.“ Die Gläubigen sind eingeladen, zuhause eine Kerze im Fenster zu entzünden und das Gleiche zu tun. „So ist zwar jeder bei sich, aber doch im Gebet mit den anderen verbunden“, erklärt Maier, der die Aktion als kleines Zeichen der Verbundenheit und gegen die Ohnmacht sieht.

    Zu diesem „Licht der Hoffnung“ wird auch auf der Homepage der Diözese Würzburg aufgerufen:  „Alle Kirchen sind dazu aufgerufen, täglich um 21 Uhr fünf Minuten lang mit einer Glocke zum Gebet zu läuten.“ Die Menschen könnten in dieser Zeit beten und eine brennende Kerze ins Fenster stellen, „um die große Gebetsgemeinschaft sichtbar zu machen.“

    Nach wie vor haben die meisten Kirchen im Bistum ihre Tore für das stille Gebet Einzelner geöffnet. „Die Kirche ist für viele ein Ort mit besonderer Atmosphäre“, so Maier. Außerdem habe man so ein Ziel, wenn man das Haus verlässt.

    Leere Bänke in der evangelischen Kirche St. Bartholomäus in Sommerhausen. Wer allein in der Kirche beten möchte, kann dies nach wie vor tun.
    Leere Bänke in der evangelischen Kirche St. Bartholomäus in Sommerhausen. Wer allein in der Kirche beten möchte, kann dies nach wie vor tun. Foto: Silvia Gralla

    Premiere: Ostern ohne gemeinsamen Gottesdienst

    Die Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie lösen vor allem in Hinblick auf das bevorstehende Osterfest bei vielen Geistlichen Ratlosigkeit und Unbehagen aus: „Wir wissen noch nicht, wie es laufen soll – für mich ist Ostern ohne Gottesdienst schwer vorstellbar“, sagt Jochen Maier nachdenklich. Seine Frau und er planen, in der Kirche eine Liturgieform auszulegen, die man dann an Ostern zuhause selbst lesen kann. Schon jetzt ist in der Sommerhäuser Kirche jeden Sonntag eine Andacht zum Mitnehmen zu finden; alternativ kann man sie auf der Homepage der Gemeinde herunterladen.

    „Ich bin seit 29 Jahren Priester und habe noch nie eine Osternacht oder Ostern ohne eine Messe gefeiert."

    Pfarrer Robert Borawski, Veitshöchheim

    Auch Pfarrer Robert Borawski, zuständig für die katholischen Pfarrgemeinden in Veitshöchheim, will für den Palmsonntag, Karfreitag und Ostern schriftliche Impulse in den Kirchen auslegen. „Ich bin seit 29 Jahren Priester und habe noch nie eine Osternacht oder Ostern ohne eine Messe gefeiert“, sagt Borawski betroffen. Er überlegt, am Ostersonntag nur mit Küster oder Küsterin in der Kirche einen Gottesdienst zu feiern. Laut Dekret des Bischofs bleibt die private Zelebration der Priester, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, erlaubt. Dem angekündigten Livestream des Ostergottesdienstes von Bischof Franz Jung sieht er mit Spannung entgegen: „Der Bischof, wie er allein im Würzburger Dom das Osterlicht entzündet, das ist neu für uns alle – und bliebt hoffentlich eine einmalige Situation.“

    Pfarrer Oswald Sternagel, der die katholische Pfarreiengemeinschaft Ochsenfurt betreut, zieht ebenfalls in Erwägung, an Ostern einen Gottesdienst unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu halten. „Technische Mittel wie Livestream haben wir hier nicht“, sagt Sternagel, der befürchtet, dass ein Livestream sowieso nicht das Zielpublikum erreichen würde: „Ältere Leute sind häufig nicht so technik- und internetaffin“, so Sternagel, und verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass der Oster-Gottesdienst aus dem Dom auch im Fernsehen übertragen wird.

    Pfarrer Jochen Maier und seine Frau, Pfarrerin Irene Maier, zuständig für die evangelische Kirchengemeinde Sommerhausen/Eibelstadt.
    Pfarrer Jochen Maier und seine Frau, Pfarrerin Irene Maier, zuständig für die evangelische Kirchengemeinde Sommerhausen/Eibelstadt. Foto: Cara-Irina Wagner

    Arbeitsalltag findet nun an PC und Telefon statt

    Der Arbeitsalltag hat sich für die drei Geistlichen durch Corona stark verändert: „Normalerweise bin ich viel bei den Menschen“, sagt Pfarrer Jochen Maier, „jetzt sitze ich viel am PC.“ Zum Beispiel, um sich mit der Abiturklasse eines Würzburger Gymnasiums auszutauschen, die er in Religion betreut. „Der Unterricht vor Ort fällt weg, also kommunizieren wir online.“ Die klassischen Geburtstagsbesuche der Pfarrer sind ebenfalls nicht mehr möglich, stattdessen werden Karten geschrieben oder ein Telefonat geführt.

    Auch für seelsorgerische Gespräche steht aktuell nur das Telefon zur Verfügung. Laut Maier haben sich die Schwerpunkte verschoben, nun stehe die Arbeit mit Älteren und Alleinstehenden im Mittelpunkt. „Ich bin nicht der große Telefonierer“, sagt Maier, der trotzdem auf diesem Weg für seine Gemeinde ansprechbar sein will. „Es fällt mir schwer, auf seelsorgerische Gespräche zu verzichten, insbesondere im Trauerfall.“ Die Nummer des Pfarramts ist zugleich Maiers Privatnummer – und seine Frau und er dadurch immer erreichbar. „Es rufen mehr Menschen als sonst an, darunter viele Ältere“, so Maier. Ihre Themen: Verunsicherung, die Angst angesteckt zu werden oder zu vereinsamen. „Oft geht es weniger um konkrete Fragen, als um einen gewissen Austausch“, stellt Maier fest.

    Pfarrer Robert Borawski betreut die katholischen Pfarrgemeinden in Veitshöchheim.
    Pfarrer Robert Borawski betreut die katholischen Pfarrgemeinden in Veitshöchheim. Foto: Bruno Winter

    Auch Oswald Sternagel und Robert Borawski sind telefonisch in ihren Pfarrbüros erreichbar. „Bisher kamen keine außergewöhnlichen Anrufe“, so Sternagel. Mit den Menschen, die er bereits vor der Krise seelsorgerisch betreut hat, nehme er von sich aus telefonisch Kontakt auf. Die Anrufe im Veitshöchheimer Pfarrbüro beträfen im Augenblick vor allem praktische Dinge wie Taufbestellungen oder Zeugnisse für Eheschließungen, berichtet Boraswki.

    „Jetzt gilt es für viele erstmal, die Zeit zu überstehen und am Leben zu bleiben.“

    Dekan Oswald Sternagel, Ochsenfurt

    "Knackpunkt" Beerdigungen

    Als einen „Knackpunkt“ sieht Pfarrer Sternagel das Bestattungswesen. „Wenn wir als Kirche die Menschen erreichen, dann doch gerade zu solchen Anlässen“, sagt er. Aktuell sind Beerdigungen mit maximal zehn Personen erlaubt – eine Beschränkung, die der Pfarrer als „große seelische Herausforderung für die Menschen“ sieht. Auch Jochen Maier erkennt bei vielen Trauernden das Bedürfnis, im größeren Rahmen Abschied zu nehmen. Man könnte zu einem späteren Zeitpunkt einen Gedenkgottesdienst nachholen, so seine Überlegung.

    Dekan Oswald Sternagel betreut die katholische Pfarreiengemeinschaft Ochsenfurt.
    Dekan Oswald Sternagel betreut die katholische Pfarreiengemeinschaft Ochsenfurt. Foto: Catharina Hettiger

    Wie gehen die drei Geistlichen mit seelsorgerischen Extremsituationen in Corona-Zeiten um, etwa, wenn eine Sterbebegleitung gewünscht wird? Laut Dekret des Bischofs sind die Krankensalbung für Einzelpersonen und die Begleitung von Sterbenden weiterhin erlaubt. „Über manches macht man sich erst Gedanken, wenn es so weit ist“, so Borawski. In Altenheimen und Krankenhäusern sind keine Besuche mehr erlaubt, „es sei denn, es wird ausdrücklich gewünscht“, so Sternagel. Ihm liege viel daran, Menschen in Ausnahmesituationen geistlich zu begleiten, gleichzeitig verweist er darauf, wie wichtig es insbesondere auch für seinen Berufsstand ist, selbst gesund zu bleiben. „Jetzt gilt es für viele erstmal, die Zeit zu überstehen und am Leben zu bleiben.“

    Geistliche Angebote im NetzWer an den Kar- und Ostertagen nicht auf Gottesdienste verzichten will, kann sich auf der Bistumshomepage den Internet-Livestream aus dem Würzburger Dom anschauen. Weitere Live-Übertragungen aus dem Dom: werktäglich um 12 Uhr eine heilige Messe, an Freitagen um 12 Uhr der Kreuzweg sowie um 10 Uhr die Sonntagsgottesdienste. Diese Liturgien werden jeweils auch live bei TV Mainfranken gesendet. Auch andere geistliche Einrichtungen haben neue digitale Angebote entwickelt: z.B. das Würzburger Augustinerkloster, das u.a. auf Youtube und Facebook einen täglichen Mittagsimpuls zeigt. Eine Zusammenstellung zahlreicher digitaler Angebote findet man unter www.evangelisch.de. Auch die Diözese bietet online viele Infos zur Lage der Kirche in Unterfranken in der Coronakrise. 

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