„Erblich vorbelastet“ sei die Tochter, sagt Mutter Gabriele, die zusammen mit ihrem Mann Michael den Reit- und Fahrstall Mitnacht bei Lengfeld leitet, und lacht. Sie selbst ist Pferdewirtschaftsmeisterin, Michael Mitnacht war lange Zeit als Turnierfahrer in der höchsten Schwierigkeitsklasse, der S-Klasse, erfolgreich. „Früher bin ich oft bei meinem Vater auf der Kutsche mitgefahren“, erzählt Manuela, die mit vier Jahren ihr erstes Pony geschenkt bekam. „Inzwischen ist er mein Beifahrer.“
Auch auf die Wettkämpfe begleitet Papa Michael seine Tochter, die im Frühjahr in den Fränkischen Fahrerkader berufen wurde. Auf etwa zehn Turniere reisen die beiden im Jahr – per Lkw. Schließlich müssen bis zu fünf Ponys, drei Kutschen, ein Stallzelt, Futter und Geschirre transportiert werden.
Ein großer Aufwand, und vielleicht einer der Gründe, warum Manuela bei den Wettkämpfen meist mit Abstand zu den jüngsten Teilnehmern gehört. „Fast niemand in meinem Alter fährt Kutsche“, sagt Manuela. „Die meisten Freundinnen, die mich auf unserem Hof besuchen, wollen lieber reiten.“
Sie selbst empfindet Fahren als die größere Herausforderung, „schließlich hat man keinen direkten Kontakt zum Tier, man kann es weder durch die Schenkel, noch über das Kreuz kontrollieren.“ Wenn Manuela mit den Tieren kommunizieren will, stehen ihr nur ihre Stimme und die Leinen zur Verfügung: „Das Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Mensch muss beim Fahren besonders gut sein“, so Manuela. „Sonst könnte ich es zum Beispiel nicht dazu bringen, durch ein Wasserhindernis zu laufen, vor dem es zurückscheut.“
Wassergräben und Baumstämme sind bei Turnieren feste Bestandteile der Geländestrecke – dem Herzstück jedes Wettkampfs und Manuelas Lieblingsdisziplin. Bis zu 14 Kilometer pro Stunde erreicht das Gespann auf der Trabstrecke an Geschwindigkeit, „das ist für Ponys ganz schön schnell“, sagt Manuela.
Geschicklichkeit ist nötig
„Und wenn die Kutsche plötzlich an einem Baumstamm hängen bleibt, kann man schon mal rauskatapultiert werden.“ Um sich alle Hindernisse auswendig merken zu können und sich die schnellsten Wegstrecke auszudenken, bedarf es Geschicklichkeit, „das ist Manuelas große Stärke“, so die Einschätzung ihrer Mutter.
Um aufs Siegertreppchen zu gelangen, sind außerdem die passenden Pferde nötig. Nicht jedes Tier ist für den Sport gleichermaßen geeignet. „Wir fahren jedes unserer selbstgezogenen Pferde ein“, erzählt Gabriele Mitnacht. „So sehen wir, ob ein Tier Talent hat.“ Wichtig sei, dass das Pferd leistungsbereit ist, einen korrekten Körperbau hat und sich gut bewegt. „Wenn ich mit dem Zwei- oder Vierspänner fahre, müssen die Tiere auch untereinander harmonieren“, ergänzt Manuela. „Der Teamgeist im Gespann ist sehr wichtig.“
Zwischen dem weißen Remus und dem palominofarbenen Nobady, den beiden Lieblings-Ponys der Schülerin, scheint die Chemie zu stimmen. Einträchtig trotten sie nebeneinander her – wenn Manuela mit ruhiger Stimme Befehle gibt, reagieren die beiden sofort. „Remus und Nobady gehören mit zwölf und elf Jahren zu den erfahrenen Turnierpferden“, erklärt Manuela. „Die erschrecken nicht mehr vor jedem Flatterband.“
An diesem Dienstag kommt Manuela in die zehnte Klasse der St.-Ursula-Realschule; die Zeit, die ihr neben dem Lernen bleibt, verbringt sie am liebsten im Stall und auf der Kutsche. „Fahren ist ein ganz schön zeitintensives Hobby, da bleibt nicht viel Zeit für anderes“, sagt Manuela – und sieht dabei sehr zufrieden aus.