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REGION UFFENHEIM: Genetischer Fingerabdruck für Schweine

REGION UFFENHEIM

Genetischer Fingerabdruck für Schweine

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    Die beiden Eber im Saustall von Ernst Hetzner sind wirklich arme Schweine. Jeden Montag steht eine Horde besamungswilliger Sauen vor ihnen und die einzigen Männer im Stall dürfen nicht ran. Nur ihren Duft sollen die Eber verströmen, damit die Sauen still halten. Der Samen kommt aus der Plastiktube – abgezapft in der Besamungsanstalt Neustadt/Aisch. Mancherorts werden die Eber den Sauen nicht einmal mehr vorgeführt. Dort kommen die männlichen Duftstoffe, die das weibliche Schwein stimulieren sollen, aus der Spraydose. Nicht bei Ernst Hetzner. Der Landwirt aus Neuherberg, einem Ortsteil von Uffenheim, hat festgestellt, dass seine Schweine leibhaftige Eber als Hormonsprüher bevorzugen.

    1000 Muttersauen gibt es in den drei Ställen von Ernst Hetzner und seinem Schwager Gernot Schwarz. 300 Schweine leben direkt neben seinem Wohnhaus. Schon allein das sind mehr Schweine als der kleine Ort Neuherberg, nördlich von Uffenheim, Einwohner hat. Landwirt Hetzner betreibt eine Ferkelproduktion. Wenn die kleinen Ferkel 30 Kilogramm schwer sind, werden sie an verschiedene Mastbetriebe im näheren Umkreis geliefert. Von dort aus geht es zu Metzgereien in der Region.

    1986 hat Ernst Hetzner den Hof von seinem Vater übernommen. Mit den 150 Sauen kam er damals noch alleine zurecht. Heute hat der professionelle Ferkelproduzent vier Mitarbeiter und ab Herbst wieder einen Auszubildenden. Zum Hof gehören auch 180 Hektar Land. Getreide und Zuckerrüben baut Hetzner an. Das Korn wird zu 100 Prozent verfüttert.

    Vier Wochen dürfen die kleinen Ferkel bei ihren Müttern saugen, danach werden sie getrennt und sehen sich wahrscheinlich nie wieder. Die Sauen sind reinste Gebärmaschinen. Kaum haben sie abgestillt, kommen sie wieder ins Deckzentrum und werden erneut besamt.

    115 Tage oder drei Monate, drei Wochen, drei Tage tragen die Sauen ihren Nachwuchs aus. Dann, wöchentlich von Donnerstag auf Freitag, bringen sie die Ferkel zur Welt. Der Vorgang wird künstlich eingeleitet. 40 bis 50 Geburten pro Woche betreut Landwirt Hetzner. Er ist nicht nur Besamer, sondern greift als Hebamme dann ein, wenn sich ein kleines Schweinebaby bei der Geburt verhakt.

    Im Durchschnitt ist jede der 1000 Säue 2,4 mal im Jahr schwanger und bringt pro Geburt 12 bis 13 Ferkel zur Welt. Vier bis fünf Mal wird eine Sau in ihrem Leben trächtig. Dann ist es vorbei. „Das Leistungsniveau passt nicht mehr“, heißt es in der Fachsprache. Und ab geht's zum Metzger.

    Neben der Arbeit im Stall hat der Landwirt jede Menge Bürokram zu erledigen. Vieles muss dokumentiert werden. Gerade jetzt, nachdem ein Hersteller in Niedersachsen illegal dioxinhaltige Fette ins Futtermittel panschte, kommt der Nachweispflicht besondere Bedeutung zu. Hetzner verfüttert eigenes Getreide, dem Soja als Eiweißergänzung beigemischt ist. Freiwillig hebt er Rückstellmuster seines Getreides auf. Die Dokumente dazu sowieso. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet. Die Auswirkungen des aktuellen Dioxin-Skandals sind mittlerweile auch im überschaubaren Neuherberg angekommen. Denn der Marktpreis pro Ferkel ging um 10 Euro nach unten. So können nicht einmal mehr die Produktionskosten gedeckt werden, sagt der Landwirt.

    Am meisten regt er sich darüber auf, dass ein Skandal, der in der Fettproduktion entstanden ist, die Massentierhaltung in Misskredit bringt. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“ Für die Angst der Verbraucher hat er aber durchaus Verständnis.

    Ihm und weiteren 39 Landwirten, die sich in der Steigerwälder Bauernschwein GbR zusammengeschlossen haben, ist viel an einer sauberen Produktion gelegen. So haben sie vor neun Jahren über ein Verfahren nachgedacht, mit dem man die Herkunft des Schnitzels von der Ladentheke bis zum einzelnen Tier zurückverfolgen kann.

    Bei Schweinen ist dies nicht so einfach, weil eine Sau im Jahr etwa 30 Ferkel wirft und auch die Muttersauen oft untereinander verwandt sind. Zusammen mit dem Institut für Tierzucht in Weihenstephan entwickelten die Landwirte ein Verfahren, das die DNA der Schweine ermittelt. Diese Erbinformationen werden mit den Daten des Sauenplaners abgeglichen, die zentral vom Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern gesammelt werden. Mit einer Sicherheit von 90 bis 95 Prozent könnte so die Herkunft des einzelnen Schweins zurückverfolgt werden. Das wäre neu. Bisher sind Rückschlüsse nur auf den Betrieb möglich.

    Über die Steigerwälder Bauernschwein GbR haben die Landwirte versucht, das Projekt in die Praxis umzusetzen. Erfolglos. Seit fünf Jahren liegen die Pläne nun in der Schublade. „Es gelingt uns nicht, die Vaterschaftstests zu finanzieren“, sagt Projektleiter Helmut Schmidt.

    Jeder genetische Fingerabdruck würde 30 Euro kosten, umgerechnet auf das Kilogramm Schweinefleisch sind dies ungefähr 1,5 Cent. „Keiner ist bereit, das zusätzlich zu zahlen, weil vielen scheinbar an der Ladentheke die bloße Information, aus welchem Betrieb die Sau kommt, reicht“, so Schmidt.

    Das Schnitzel mit Stammbaum bleibt also Zukunftsmusik. Die Landwirte in der Steigerwälder Bauernschwein GbR waren bislang die einzigen in der Bundesrepublik, die sich für einen derartigen Herkunftsnachweis einsetzten, sagt Helmut Schmidt und sieht einem Stallarbeiter bei der Arbeit zu. Mittlerweile sind die Boxen nach dem Umstallen der Schweine wieder sauber. Blitzeblank. Bereit für den nächsten großen Wurf.

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