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WÜRZBURG: Gericht macht Zuhälter-Karriere zunichte

WÜRZBURG

Gericht macht Zuhälter-Karriere zunichte

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    Klein ist er und schmächtig, seine Stimme ist leise, die mausgraue Stoffhose hat schon bessere Tage gesehen, an seinem Hals hängen keine Goldkettchen, sein Handgelenk schmückt keine protzige Uhr und an den Füßen trägt er biedere Hausschuhe. Der Angeklagte entspricht so gar nicht dem Bild eines Zuhälters. Dennoch hat der ehemalige Sonderschüler versucht, im Rotlichtmilieu Karriere zu machen. Allerdings so erfolglos, dass er jetzt vor dem Jugendgericht angeklagt ist.

    „Versuchten bandenmäßigen Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung“ wirft der Staatsanwalt dem 19-Jährigen vor. Im Klartext: Er soll versucht haben, eine Gleichaltrige als Prostituierte in ein Bordell zu vermitteln, obwohl das bei unter 21-jährigen Frauen strafbar ist.

    Der Angeklagte gibt das zu. Durch Zufall habe er zwei Zuhälter aus Karlstadt kennen gelernt, erzählt er dem Jugendgericht. Und die hätten ihm 1000 Euro für jede Frau versprochen, die er ihnen „vermittele“.

    Erstes und einziges Opfer des Arbeitslosen war eine gute Bekannte. Die 19-Jährige Blondine mit der guten Figur hatte Streit mit ihren Eltern, war ohne Job und Wohnung. Dem Angebot, sie als „Empfangsdame“ in ein Bordell in Böblingen zu vermitteln, war sie nicht abgeneigt.

    Beim ersten Treffen, so erzählt die 19-Jährige im Zeugenstand, hätten die Luden sich großzügig gegeben. „Die hätten mir eine Brustvergrößerung und Tattoos bezahlt“, sagt sie. Sie sei auch mit ihnen nach Hause gegangen. Wenig später hätten sie ihr allerdings eine Waffe gezeigt. Und der eine habe ihr erzählt, dass er mal jemand ein Ohr abgeschnitten und es seinem Hund verfüttert habe. „Wenn du uns verarschst, vergraben wir dich und deine Schwester“, sollen die Männer gesagt haben.

    Nach eigenen Worten flüchtete das Mädchen – und die Zuhälter nahmen den Angeklagten in die Pflicht. Ungezählte SMS schrieb er der Blondine, flehte sie an, sich zu melden, ihren Aufenthaltsort preis zu geben. „Ich musste das tun“, sagt der 19-Jährige vor Gericht, „ich hatte Angst vor denen. Die bedrohten mich“.

    Auf Anraten von Freunden ging die Blondine zur Polizei, der Angeklagte wurde einen Monat in U-Haft genommen. Demnächst soll er als Kronzeuge gegen die Zuhälter aussagen, die inzwischen ebenfalls einsitzen.

    Der Jugendrichter ist „sprachlos, mit welcher Selbstverständlichkeit“ die junge Frau „mit wildfremden Männern mitgegangen ist“. Die 19-Jährige zuckt mit den Schultern. „Ich kann's nicht erklären“, sagt sie.

    Der Staatsanwalt fordert für den Angeklagten, der schon zwei Mal im Jugendarrest gesessen hat, eineinhalb Jahre Jugendstrafe auf Bewährung. Rechtsanwalt Christian Mulzer weist darauf hin, dass sein Mandant das schwächste Glied der Bande gewesen und sich inzwischen von diesen Leuten distanziert habe.

    Das Gericht setzt die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung aus. Wenn der 19-Jährige einen Anti-Aggressionskurs macht, wöchentlich 20 Stunden soziale Hilfsdienste ableistet, ein Jahr keinen Alkohol trinkt, genau so lange einer bekannten Würzburger Diskothek fern bleibt, sich Arbeit sucht und keine Straftaten mehr begeht, muss er nicht ins Jugendgefängnis. Befolgt er eine dieser Weisungen nicht, rückt er ein. Und zwar, daran lässt der Jugendrichter keinen Zweifel, so lange, dass er „im Knast einen Schulabschluss oder eine Ausbildung machen kann“.

    Zu der 19-Jährigen sagte der Richter, dass sie „schon sehr bereit“ gewesen sei, sich mit den Zuhältern einzulassen. Bei einigen Jugendlichen gelte Sex inzwischen als „Freizeitbeschäftigung“ und es sei „normal“ für sie, damit „Geld zu verdienen“.

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