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Würzburg: Goethes Würzburger Kuchenpost für die Geliebte

Würzburg

Goethes Würzburger Kuchenpost für die Geliebte

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    Die Dichterin Cornelia Boese wirft in Andenken an Goethes Kuchenpost eine Mohnschnecke in den Main.  Foto: Kirsten Schlüter
    Die Dichterin Cornelia Boese wirft in Andenken an Goethes Kuchenpost eine Mohnschnecke in den Main. Foto: Kirsten Schlüter

    Johann Wolfgang von Goethe war nicht nur ein Mann der Worte. Er war auch Jurist, Naturwissenschaftler, Politiker – und Genussmensch. Seine Liebe zum Würzburger Wein vom Stein ist bekannt, er ließ sich den köstlichen Rebensaft sogar nach Weimar liefern. Eines Tages macht der Dichterfürst sich aber auch persönlich auf den Weg ins Frankenland. Nicht um Weinnachschub zu ordern, sondern um seine Heimat zu verlassen, auf Reisen neue Eindrücke zu gewinnen und Frankfurt danach mit neuen Augen, dem Blick aus der Distanz, wiederzusehen. Außerdem verschafft Goethe sich in der Rhein-Main-Gegend einen Überblick über Kunst und Altertum und arbeitet am West-östlichen Divan.

    So kommt es, dass der Poet am 7. Oktober 1815, begleitet vom Kunstsammler Sulpiz Boisserée, aus Heidelberg abreist und einen Tag später in Würzburg eintrifft. Die Männer kommen spätabends bei Mondschein an und übernachten im Pfälzischen Hof. Und was macht Goethe? Der damals 66-Jährige legt sich nach der strapaziösen Reise nicht etwa ins Bett oder bestellt sich Frankenwein – nein, er läuft direkt zum Fluss. In einem Brief an seine Freundin Rosine Städel aus der thüringischen Stadt Meiningen vermerkt er am 10. Oktober 1815: „Am 8ten, ging es weiter begünstigt vom schönsten Wetter, und so gelangten wir unter tausend Rückerinnerungen nach Würzburg. Kaum hatte ich die Ufer des Mains erreicht als ich sogleich die zierlichsten Kuchen hineinwarf. Möchten sie zur rechten Stunde, zwischen dem Rohr, zunächst der bekannten lieben Terrasse, glücklich landen!“

    Eine süße Liebeserklärung des Dichters

    Der hochbegabte Dichter wirft also ganz banal Kuchen in den Main! Aber warum? Das kann die Würzburger Dichterin Cornelia Boese verraten. Sie hat nämlich die kleine Geschichte in Versform aufgearbeitet. Über die Kuchenpost schreibt sie: „nicht, weil er zu viel Steinwein trank, / er hoffte vielmehr liebeskrank, / sie fielen keinem Fisch zum Fraße / und flössen auf der Wasserstraße / mainabwärts zum gewissen Mädel / in Frankfurt, der Rosine Städel.“ Eine süße Liebeserklärung wollte Goethe also auf den Weg bringen.

    So sieht Johann Wolfgang von Goethe in der Zeit aus, in der er Würzburg besuchte. Der Maler Karl Josef Raabe porträtierte ihn 1814.  Foto: Kirsten Schlüter
    So sieht Johann Wolfgang von Goethe in der Zeit aus, in der er Würzburg besuchte. Der Maler Karl Josef Raabe porträtierte ihn 1814. Foto: Kirsten Schlüter

    Cornelia Boese vermutet: „Das Gebäck sollte sicherlich bei seiner heimlichen großen Liebe Marianne von Willemer ankommen. Da aber sowohl sie als auch Goethe liiert waren, musste er seine Botschaft versteckt senden und schickte den Kuchen an Mariannes Stieftochter Rosine Städel.“ Rosine ist die Tochter aus der ersten Ehe des Bankiers Johann Jakob von Willemer, der nach dem Tod seiner beiden ersten Frauen im Jahr 1800 die 24 Jahre jüngere Schauspielerin Marianne in den Haushalt aufnimmt und sich in sie verliebt. Im Jahr 1814 lernt Johann Wolfgang von Goethe die junge Frau bei einem Kuraufenthalt in Wiesbaden kennen, kurz darauf heiratet sie Willemer.

    Im Türmchen kam man sich näher 

    Doch der Dichter und die intelligente, attraktive Marianne fühlen sich voneinander angezogen. Sie kommen sich in einem Türmchen in Willemers Weinberg näher, als sie mit Blick auf den Main den Sonnenuntergang genießen. Diese Liebschaft bleibt auch literarisch nicht ohne Folgen: Einige von Mariannes Gedichten finden Eingang in Goethes West-östlichen Divan. Doch die Romanze scheitert, auch die Kuchengeschichte findet keinen glücklichen Ausgang, wie Cornelia Boese formuliert: „Das Kuchenpost-Experiment / blieb leider ohne Happy End; / trotzdem besitzt die Stadt am Main, / stimmen die Dichter überein / und sing’n ein Lob auf Fluss und Fässer, / aphrodisierende Gewässer.“

    Hier könnte die Geschichte enden, doch Cornelia Boese denkt weiter: „Eigentlich müsste man auf der Alten Mainbrücke nicht nur Wein trinken, sondern in Gedenken an Goethes süße Post auch Kuchen essen“, sagt die Dichterin lachend. „Das Gebäck in den Fluss zu werfen, wäre aber dann doch zu schade.“

    Text: Kirsten Schlüter

    Was Würzburg prägteDas neue Buch „Was Würzburg prägte“ enthält 52 Texte über Jahrestage aus der Würzburger Geschichte, also für jede Woche des Jahres einen Text. Präsentiert werden die historischen Geschehnisse jeweils von Würzburger Bürgern. Das Buch der beiden Autorinnen Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter entstand in Zusammenarbeit mit der Main-Post. Wir werden in einer ganzjährigen Serie Texte aus dem Buch abdrucken. Erschienen ist das Buch im Verlag Bast Medien GmbH, in dem auch die erfolgreichen „Würzburger Geheimnisse“ veröffentlicht wurden, die ebenfalls in Kooperation mit der Main-Post entstanden sind. Erhältlich ist „Was Würzburg prägte – 52 große und kleine Begegnungen mit der Stadtgeschichte“ von Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter Überlingen 2017, ISBN: 978-3-946581-24-6 in den Main-Post-Geschäftsstellen (14,90 Euro).

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